Wolf
Der Wolf muss in Salzburg kein Problemtier mehr sein, das bereits Schafe oder Ziegen gerissen hat, um abgeschossen zu werden. Es reicht aus, wenn er sich einer Siedlung nähert.
APA/AFP/THOMAS KIENZLE

Kurz vor dem Start der Almsaison verschärft die Salzburger Jagdlandesrätin und Landeshauptmannstellvertreterin Marlene Svazek (FPÖ) erneut die Gangart gegen den Wolf. Künftig sollen Wölfe auch abgeschossen werden, wenn sie noch gar kein Nutztier gerissen haben. Bisher musste der Beutegreifer für einen Abschuss einen gewissen Schaden angerichtet haben. Das ist mit der Novelle des Jagdgesetzes dann keine Voraussetzung mehr für eine "Entnahme". Eingeführt wird stattdessen der Begriff des "Risikotiers", der die Tötung erleichtern soll. "Das sind Wölfe, die sich regelmäßig in Siedlungsnähe aufhalten, die die Scheu vor Menschen und Hunden verlieren oder die sich aggressiv verhalten", erklärte Svazek. Die Beurteilung, ob es sich um einen Risikowolf handle oder nicht, nehme dabei der Wolfsbeauftragte des Landes vor.

Außerdem können künftig Weideschutzzonen ausgewiesen werden. "Dort wird die Entnahme vereinfacht, da in diesen Bereichen kein Herdenschutz möglich ist. Zukünftig haben wir eine Handhabe, bereits bevor der Wolf zubeißt", sagt die Landeshauptmannstellvertreterin. Die Gesetzesnovelle geht in den kommenden Tagen in Begutachtung und soll nach Plan Ende April im Landtag beschlossen werden.

Almschutzzonen in Salzburg und Kärnten

Das Land Salzburg fasst diese Zonen sehr weit und schreibt in einer Aussendung: "Almen de facto kaum schützbar." Schutzzäune seien nur für Betriebe in Siedlungsnähe möglich. Eine vollständige oder teilweise Umzäunung von Almen im hochalpinen Gelände sei nicht verhältnismäßig und meist gar nicht umsetzbar, heißt es vom Land. Auch ÖVP-Agrarlandesrat Josef Schwaiger betonte, dass es in Salzburg rund 300 Almen gebe, auf denen Schafe und Ziegen aufgetrieben würden. "Man würde 450 Hirten benötigen und zwischen zwei und sieben Herdenschutzhunde pro Alm. Die jährlichen Kosten dafür würden rund 21 Millionen Euro betragen", rechnete er vor.

Auch in Kärnten will die Landesregierung noch vor Beginn der Almsaison das Jagdgesetz verschärfen. Dort soll es ebenfalls bereits möglich sein, einen Wolf zu töten, wenn "landwirtschaftliche Nutztiere unmittelbar bedroht" sind. Für die Einstufung als Schadwolf werde in Zukunft bereits der erste Angriff ausreichen. Werde der Angriff auf eine Herde erst im Nachhinein festgestellt, sei eine Entnahme möglich, "sobald von einem Sachverständigen ein Wolfsriss bestätigt wurde". Wirken soll das Gesetz wie in Salzburg in eigens zu definierenden "Almschutzgebieten", in denen "Herdenschutzmaßnahmen nicht umsetzbar sind", wo es also "keine andere Möglichkeit als den Wolfsabschuss" gebe, teilte der zuständige Landeshauptmannstellvertreter Martin Gruber (ÖVP) in einer Aussendung mit. Diese Schutzgebiete sollen mittels Verordnung festgelegt werden.

Grüne fordern Herdenschutz

"Es gibt seit Jahren einen Wolfsmanagementplan des Österreich-Zentrums, der die Situationen mit Wölfen regelt, von denen ein Risiko ausgehen könnte. Die geplante Gesetzesänderung braucht es nicht, hier geht es wieder einmal um Panikmache", kritisiert die grüne Tierschutzsprecherin Kimbie Humer-Vogl. Sie widerspricht der Behauptung der schwarz-blauen Landesregierung, dass Herdenschutz nicht möglich sei. In ganz Europa würden die Herden auch in höheren Lagen geschützt werden. "Allein wenn man nach Bayern schaut, sieht man an vielen Höfen Herdenschutzhunde. Es ist völlig unverständlich, warum das in Salzburg nicht auch möglich sein soll", betont Humer-Vogl. Salzburg riskiere mit dieser Gesetzesnovelle wieder einmal die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die EU. Denn Wölfe sind durch die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie streng geschützt.

Tier- und Naturschutzorganisationen haben das Vorgehen des Landes auch wiederholt scharf kritisiert. Sie halten ernsthaften Herdenschutz sehr wohl für möglich. Auch mit Verordnungen würden Abschüsse EU-rechtswidrig bleiben. Doch nicht nur Salzburg hat bereits die Jagd auf den Beutegreifer ausgerufen. In Kärnten, Tirol und Oberösterreich werden derzeit ebenso Abschüsse von Wölfen per Verordnung der Landesregierung freigegeben. In Kärnten sind so bereits neun Tiere entnommen worden, in Salzburg wurde im Vorjahr ein Wolf per Verordnung getötet. Europarechtsexperten halten die Abschussverordnungen für EU-rechtswidrig, weil sie anders als Bescheide nicht beeinsprucht werden können. Die Aarhus-Konvention räume NGOs und Privatpersonen aber ein entsprechendes Beschwerderecht ein.

Abschuss in Vorarlberg gekippt

Auch in Vorarlberg können seit Ende des Jahres 2023 Wölfe und Bären über eine Ausnahmebewilligung im Jagdgesetz zum Abschuss freigegeben werden. Eine solche ist zugelassen, wenn Gefahr "an der Sicherheit und der Gesundheit von Menschen oder an der Verhütung ernster Schäden in der Tierhaltung besteht". Als Ende Jänner ein Wolf durch Bludenz streifte, hat die Landesregierung erstmals ein Tier zum Abschuss freigegeben. Zwei Umweltorganisationen legten Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht ein und bekamen recht. Die Voraussetzungen für eine Entnahme lagen nicht vor, da aus dem Verhalten des Wolfes keine Gefährlichkeit für Menschen abgeleitet werden konnte. Der Wolf darf also nicht abgeschossen werden. (Stefanie Ruep, 26.3.2024)