Eine Österreich-Flagge neben einer EU-Flagge
Ein Bild, das die Neos per schriftlicher Erklärung absichern wollen: Österreich ist Mitglied der Europäischen Union.
APA/HELMUT FOHRINGER

Die Briten haben es getan. Die Österreicherinnen und Österreicher könnten es auch tun. Zumindest theoretisch. Aus der EU austreten nämlich. Jedenfalls gebe es einen, der das gerne würde, lautet der Tenor einer aktuellen Umfrage: FPÖ-Chef Herbert Kickl.

Laut einer in zwölf EU-Staaten durchgeführten und Ende vergangener Woche veröffentlichten Befragung der Denkfabrik European Council on Foreign Relations (ECFR) attestiert eine Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher dem blauen Parteichef nämlich den Wunsch nach einem EU-Austritt. Unter den befragten FPÖ-Wählerinnen und -Wählern waren es 56 Prozent, unter allen anderen Befragten gar 59 Prozent.

Nur dem niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders wird laut der Erhebung ein noch größerer EU-Austrittswunsch zugeschrieben als Kickl. 63 Prozent der niederländischen Wählerinnen und Wähler sehen bei Wilders die Sehnsucht nach einem Austritt der Niederlande aus der Union.

Öxit bräuchte Volksabstimmung

Die Neos nehmen die Umfrage zum Anlass, von allen heimischen Parteien erneut eine Verpflichtung zur österreichischen EU-Mitgliedschaft zu fordern. Konkret will die Oppositionspartei nun noch vor der kommenden Nationalratswahl ein schriftliches Bekenntnis aller Fraktionen dazu, eine mögliche Volksabstimmung zu einem EU-Austritt auszuschließen. Eine solche – ähnlich dem Brexit-Referendum in Großbritannien 2016 – würde es nämlich auch für einen "Öxit" brauchen. Denn Österreichs EU-Mitgliedschaft steht im Verfassungsrang.

Laut Vorstellung der Neos sollen sich alle Parteien im Vorfeld der Wahl dazu verpflichten, einem künftigen Koalitionsvertrag eine Präambel voranzustellen. In dieser solle eine Volksabstimmung zu einem möglichen Öxit ausgeschlossen werden – unabhängig davon, wer letztlich Teil der nächsten Bundesregierung ist. Aber wie genau soll so ein Bekenntnis aussehen?

Neos sehen Gefahr für Standort Österreich

Vor Wahlen gebe es mitunter eine gemeinsame Erklärung aller antretenden Parteien, im Wahlkampf auf Dirty Campaigning zu verzichten, sagt Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos dem STANDARD. "Genauso könnten etwa die Parteichefs oder Klubobleute im Vorfeld eine Erklärung unterschreiben, in der sie eine Volksabstimmung zu einem EU-Austritt ausschließen." Entscheidend sei dabei nicht, welcher Funktionär oder welche Funktionärin genau ein solches Bekenntnis unterschreibe, sondern dass es von allen Parteien unterzeichnet werde.

Allein, dass ein EU-Austritt Österreichs in der Umfrage für möglich gehalten wird, berge große Gefahren für den Wirtschafts- und Arbeitsstandort Österreich und dessen Position innerhalb Europas, argumentieren die Neos. Gerade aktuell sehe man täglich, dass nur eine geeinte EU Sicherheit und Fortschritt für Österreich garantiere, sagt Hoyos. Ein gemeinsames Bekenntnis zur Union sei daher im Interesse der heimischen Bevölkerung.

Hoyos will "dicke Feuermauer" aufziehen

Der Brexit habe gezeigt, was passiere, wenn "keine dicke Feuermauer gegen die Verlockungen des nationalistischen Populismus" aufstellt werde. In einem souveränen Europa dürfe sich ein solches Szenario in keinem weiteren Mitgliedsland wiederholen, schon gar nicht "in einem Land wie Österreich, dessen Bevölkerung zu den großen Gewinnern der EU-Mitgliedschaft gehört", sagt Hoyos.

Die dezidiert pro-europäischen Positionen der Neos sind keine Überraschung. Auch in der Vergangenheit hatte die Partei stets die aus ihrer Sicht vielfältigen Vorteile einer Unionsmitgliedschaft betont. Aber welches Interesse sollten andere Parlamentsparteien haben, ohne Not auf die Forderung der Oppositionspartei einzugehen? "Echte Demokraten, die das Beste für Österreich wollen, sollten mit einer solchen Erklärung kein Problem haben", sagt Hoyos. Parteien, die Zweifel an ihren Plänen bezüglich Österreichs EU-Mitgliedschaft erkennen lassen, sollten "im Interesse des Landes ohnehin keinen Platz in der nächsten Regierung haben", sagt der Neos-Generalsekretär. (Martin Tschiderer, 25.3.2024)