Cafe Cache Wien Restaurantkritik Severin Corti Standard Lisa Machian
Das Café Caché bei der Meiselkirche war zuletzt das Café Z, davor die Konditorei Angelmayer.
Gerhard Wasserbauer

Mayonnaise-Eier, die wird es im Café Caché immer geben. Lisa Machian hat ja nicht zufällig zehn Jahre in Paris gekocht. Dort werden die Dinger als das wahrgenommen, was sie sind: Urmeter des guten Essens, aus einfachsten Zutaten zu totaler Köstlichkeit geformt, ein Gericht für die Ewigkeit. In Paris gibt’s eine eigene "Association pour la Sauvegarde de l’Œuf Mayonnaise" (ASOM), die sich die Rettung des Bistrot-Klassikers auf die Fahnen geschrieben hat. Sogar eine Weltmeisterschaft des Mayonnaise-Eis wird da jedes Jahr unter reger Anteilnahme der nationalen Presse veranstaltet.

Die "Œufs Mayo" von Lisa Ma­chian sind keinem ehernen Kodex unterworfen. Sicher, das Hartkochen läuft immer gleich – aber schon beim Aufziehen der Mayonnaise und natürlich bei dem, was dann druntergehoben und draufgelegt wird, gilt das Prinzip Freiheit. Vergangene Woche wurde die Mayo etwa mit Lauch­öl gemacht, obendrauf knusprige Schalotten, Senfkaviar und Schnittlauch. Sehr animierende Vorspeise, um gerade einmal 3,20 Euro ein ideal kulanter Einstieg in das kleine Universum des Café Caché.

Lisa Machian hat in Paris das angesagte Galerie-Café Otto le Bal bekocht, davor war sie bei Pascal Barbot, dem Pariser Star-Avantgardisten der Grande Cuisine im Sternetempel L’Astrance (damals drei Sterne), in der Brigade. Ihren Mann Arnaud Champetier hatte sie davor schon in London kennengelernt, der machte – unabhängig von Lisa – dann aber selbst zwei Lokale in Paris auf. Jetzt haben sie gemeinsam eines in Wien-Rudolfsheim.

Das frühere Café Z von Christa Ziegelböck (noch früher Café-Konditorei Angelmayer) wurde mit Respekt für die Vorgänger renoviert. Die 1960er-Vorstadtatmosphäre ist intakt, sehr lieb das alles. Bringt halt mit sich, dass immer noch die winzigen Konditorei-Tischerln in Gebrauch sind. Wo ursprünglich nur Melange und Kardinalschnitte Platz finden mussten, werden jetzt eben Wein- und Wassergläser, Glaskaraffe und Weinkühler, Besteck und Teller (okay, die sind auch klein) eingestellt.

Cafe Cache Wien Restaurantkritik Severin Corti Standard Lisa Machian
Jetzt ist das Café eine Pariser Außenstelle mit Mayo-Ei auf Aschenbechern.
Gerhard Wasserbauer

Aber egal, man ist bekanntlich immer so jung wie das Lokal, in dem man sich bewirten lässt. Und Lisa Machians Essen ist ein Ereignis, das den Puppenhauskomfort durchaus wettmacht. Das gilt vor allem für den Abend, die Mittagsmenüs wirken im Vergleich noch ein bisserl schlicht.

Marinierte Sardinen mit Crème fraîche auf flaumiger Buchweizen-Galette etwa, noch so ein Snack in der Œuf-Mayo-Liga. Oder, auch geil, im doppelten Wortsinn: Beignets (Schönsprech für gebackene Mäuse), die mit einer Scheibe Räucherspeck als Apéro-Happen neu gedacht werden. Pissaladière, die provenzalische Zwiebel-Sardellen-Pizza, wird als luxuriöse Tartelette serviert, ganz unerhört mollige, süß ­geschmorte Zwiebeln werden da in eine knusprige Hülle gehäuft. Confierter Knoblauch und richtig scharfer Dijonsenf sorgen für eine Spur Pikanz, obendrauf gibt’s erstklassige Sardellen und ein bissl Olivenstaub – gewaltig gut. Orangen-Ziegenkäse-Salat samt Sellerie, Birne, Radieschen und Walnuss-Dukkah ist ein erster großer Teller und ein Fest unwiderstehlich knackiger, süßer, saurer, bitterer Früchte, Gewürze und Gemüse.

Schnitzel with Noodles

Cafe Cache Wien Restaurantkritik Severin Corti Standard Lisa Machian
Schnitzel with Noodles, ganz so wie wir das aus dem Ideal-Österreich in „Sound of Music“ kennen und lieben.
Gerhard Wasserbauer

Dann aber: Crispy Chicken mit Spätzle und verbrannter Zitronensauce, ein Essen wie ein ekstatischer Fiebertraum: Schnitzel with Noodles, wahrhaftig, der Mythos aus dem Ideal-Österreich in Sound of Music! Und gut ist es noch dazu, mit bissfesten Spätzle, mit ordentlich butteriger, saurer Sauce, mit einem Schnitzel so knusprig und saftig wie japanisches Karaage. Yodel!

Das Gericht des Abends ist aber die marinierte Lachsforelle auf knackig gebratenem Kohlrabi und Pak Choi, in einem Pool aus herrlich zitrussaurem Tahina, mit einem Büschel Kräuter obendrauf. Pures Glück, wie diese nominell so disparaten Elemente auf der Zunge zu­einanderfinden! Die Weine können es auch, echte Okkasionen sind auch dabei. Der große Champagner De Sousa "Chemin des Terroirs" etwa ist um 69 Euro die Flasche so karitativ kalkuliert, dass man sich eigentlich nur damit glücklich saufen muss. Wenn man’s nicht eh schon wäre. (Severin Corti, 29.3.2024)

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Schaut arg aus, schmeckt arg gut: Tartelette Pissaladière mit kantabrischen Sardellen.
Gerhard Wasserbauer
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Orangen-Ziegenkäse-Salat mit Sellerie, Birne, Radieschen und Walnuss-Dukkah.
Gerhard Wasserbauer
Cafe Cache Wien Restaurantkritik Severin Corti Standard Lisa Machian
Marinierte Lachsforelle auf knackig gebratenem Kohlrabi und Pak Choi, in einem Pool aus herrlich zitrussaurem Tahina, mit einem Büschel Kräuter obendrauf.
Gerhard Wasserbauer