Lebensmittelverschwendung, das kann man ruhig so sagen, ist eine ziemlich unerfreuliche Tatsache. Nicht nur, weil sich immer noch viele Menschen ihr täglich Brot nur schwer leisten können – auch für die Umwelt und das Klima ist Essen im Müll eine Katastrophe.

Die Landwirtschaft, der größte negative Einfluss auf die Biodiversität, könnte eigentlich kleiner sein, wenn das im Müll landende Essen gar nicht erst angebaut würde. Das Klima leidet durch die Emissionen, die durch die unnötig produzierten, transportierten und entsorgten Lebensmittel entstehen.

Und dennoch, so schätzt die Welternährungsorganisation FAO, werden rund 30 bis 40 Prozent der weltweit produzierten Lebensmittel nie gegessen. Inzwischen ist dieser Überschuss für rund zehn Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich.

Rund 30 bis 40 Prozent der weltweit produzierten Lebensmittel werden nie gegessen.
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Eine Million Tonnen Essensmüll in Österreich

In Österreich sind es pro Jahr eine Million Tonnen, die weggeworfen werden – so viel, wie in einen Lkw-Konvoi von Wien nach Zürich passt. Vieles was in der Tonne landet, ist dabei eigentlich noch in Ordnung. Expertinnen und Experten raten zum Sinnes-Check – also sehen, riechen, schmecken –, um zu prüfen, ob Essen noch genießbar ist.

Aber mit den Sinnen ist das so eine Sache – denn sie stoßen oft an ihre Grenzen. Ist der Geruch, der in die Nase kriecht, bloß das natürliche säuerliche Aroma des Joghurts – oder ist es doch schon gekippt? Ist der Pfirsich nur eingedepscht oder schon faul? Und der weiße Belag auf der Wurst, ist der noch der gute oder schon der giftige Schimmel?

Im Zweifel landet vieles in der Tonne. Auch der Handel sortiert oft vorsorglich aus, was nicht mehr allzu appetitlich wirkt. Während übertriebene Vorsicht zu mehr Lebensmittelmüll führt, kann falsche Sorglosigkeit gefährlich werden – denn der Verderb beginnt oft im Verborgenen.

Diese Orange ist offensichtlich nicht mehr genießbar. Aber nicht immer ist es so einfach.
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Die ungeschulte Nase

Forschende der Universität des Saarlands haben gemeinsam mit der Firma 3S nun eine Gerätschaft entwickelt, welche den Frischegrad von Lebensmitteln erschnüffeln und dabei die sensibelsten menschlichen Nasen übertreffen soll. "Viele Menschen sind immer weniger darauf trainiert, mit der eigenen Nase einzuschätzen, wie frisch ein Lebensmittel ist", sagt Thorsten Conrad, Chef des Sensorik-Unternehmens 3S.

Mit dem Wort "Supernase", wie einige deutsche Medien den kürzlich vorgestellten Prototypen bezeichneten, ist er aber nicht ganz zufrieden. Einen Geruchssensor zu bauen sei technisch unmöglich, sagt Conrad trocken. Sehr wohl könne man aber Gase in der Luft detektieren, selbst in geringsten Konzentrationen.

Eine "Supernase" soll gegen Lebensmittelverschwendung helfen, indem sie Reifegase von Obst, Gemüse, Fleisch und Fisch erkennt.
3S

Viele Lebensmittel sondern mit ihrem beginnenden Verderb Reifegase wie Ethen ab. Auch Bakterien geben Stoffe an die Luft ab, wenn sie sich an Essen zu schaffen machen. Anhand der Konzentration dieser bestimmten Gase kann der Reifegrad von Obst, Gemüse, Fisch oder Fleisch bestimmt werden.

"Wir können sogar vorhersagen, wie viele Tage ein Produkt noch genießbar sein wird", sagt Conrad. Das eröffne völlig neue Möglichkeiten für Unternehmen, die mit Lebensmittel zu tun haben. So wäre es etwa möglich, Rabatte nach Frischegrad anzubieten oder, etwa in der Gastronomie, bald verderbende Früchte zu haltbaren Speisen oder Saft zu verarbeiten.

Kühlschrank bekommt eher keine Nase

Derzeit befindet sich die Frischecheck-Maschine allerdings noch in der Erprobung. Die Zukunft sieht Conrad eher in der Industrie und im Handel als im Privathaushalt. Zum einen, weil die Anlage derzeit nur die Frische einzelner Lebensmittel beurteilen kann. Getestet wurde die Maschine, die an einen Röntgenscanner vom Flughafen erinnert, etwa mit Kisten voller Orangen. Die vielen unterschiedlichen Produkte in einem Privatkühlschrank würden den Sensor verwirren. "Und ein Kühlschrank hat ja oft auch einen Eigengeruch", sagt Conrad.

Zum anderen sei die Anlage groß und werde auch in einigen Jahren noch einige zehntausend Euro kosten. Eine Investition, die sich für Unternehmen aber amortisieren könnte. Insgesamt wird jährlich Essen im Wert von einer Billion US-Dollar verschwendet. Immer mehr Unternehmen arbeiten deshalb an Lösungen gegen die Verschwendung – etwa mit smarten Waagen, die Lebensmittelabfälle in Kantinen genau protokollieren. (Philip Pramer, 23.3.2024)