Das Bild zeigt Elon Musk und das X-Logo.
X und Elon Musk stehen in der Kritik, sehr willkürlich mit der Moderation von Inhalten auf der Plattform umzugehen.
IMAGO/Angga Budhiyanto

Als Elon Musk Twitter übernahm, erklärte er die "freedom of speech" quasi zum obersten Gut der Social-Media-Plattform. Diese Offenheit wurde damit argumentiert, dass ein breites Spektrum an Diskussionen ermöglicht werden solle – in der Praxis führte das aber auch dazu, dass mitunter Hassrede unter den Schutzschirm zulässiger Inhalte gestellt werden konnte.

Gar so frei scheint X, vormals Twitter, aber offenbar doch nicht zu sein. Aktuelle Ereignisse um die Enthüllung der angeblichen Identität eines rechtsextremen Cartoonisten zeigen vielmehr, dass die Wahrnehmung moderierender Pflichten auf X sehr selektiv zu sein scheint. Konkret geht es um die Person, die angeblich hinter den problematischen Werken von Stonetoss steht. Die Webcomics unter dem Handle @stone_toss sind für hochproblematische Inhalte bekannt und stehen wegen antisemitischer, rassistischer und LGBTQ-feindlicher Themen laufend in der Kritik.

Die Geschichte kam ins Rollen, als das Anonymous Comrades Collective, eine Forschungsgruppe, die sich der Entlarvung rechtsextremer Personen widmet, die Person hinter Stonetoss ausfindig gemacht haben wollte. Ihre Untersuchung brachte den Stonetoss-Account mit Hans Christian Graebener in Verbindung, wie "Wired" berichtet.

Musk um Hilfe gebeten

Dabei stellte das Kollektiv eine Verbindung zwischen Stonetoss und einem anderen anonymen rassistischen Cartoonisten namens Red Panels her, indem man ihre Stimmen aus Auftritten in Podcasts miteinander verglich. Weiters wurde eine E-Mail-Adresse entdeckt, die mit Graebener verbunden war und zur Registrierung des Red-Panels-Accounts auf dem rechtsextremen Mikroblogging-Dienst Gab verwendet wurde. Zudem konnte die Gruppe Kommentare von Stonetoss mit Ereignissen in Graebeners Leben in Verbindung bringen, beispielsweise eine Reise nach Japan im Jahr 2019, die zeitlich mit einem entsprechenden Post von Stonetoss zusammenfiel.

Graebener hat bislang keine der Enthüllungen bestritten oder auf Kommentaranfragen reagiert. Die Enthüllungen zogen allerdings über X große Aufmerksamkeit auf sich – und veranlassten das Stonetoss-Konto, seine Follower mit direkter Verbindung zum "Chief Twit" dazu aufzurufen, um die Löschung ungelegener Threads zu bitten. Musk, der in der Vergangenheit sogar selbst modifizierte Stonetoss-Cartoons geteilt hat, steht nun im Verdacht, Extremisten auf seiner Plattform Schutz zu bieten.

Der gewünschte Effekt bleibt aus

In der Folge wurde nämlich nicht nur das Konto des Anonymous Comrades Collective, sondern auch die Konten mehrerer Forscher und Journalisten gesperrt oder eingeschränkt, die über die Recherche berichteten. X begründete dies mit dem Verstoß gegen die Richtlinien zum Schutz privater Informationen, obwohl die Plattform keine spezifischen Richtlinien gegen das Aufdecken anonymer Nutzer zu haben scheint. Diese Maßnahmen führten zu weiterer Kritik an Musk und der Plattform, insbesondere an der Willkürlichkeit im Umgang mit Datenschutz und der angeblichen Bevorzugung bestimmter Nutzergruppen.

Trotz der Sperrungen und Einschränkungen, die mittlerweile zum Teil wieder aufgehoben wurden, fanden die Informationen über Stonetoss weiterhin Verbreitung auf der Plattform. Das weist auf den altbekannten Streisand-Effekt hin, bei dem der Versuch, Informationen zu unterdrücken, letztendlich nur zu einer noch größeren Verbreitung führt. Oder, anders formuliert: Der nächste Shitstorm ist manchmal nur einen Steinwurf entfernt. (red, 21.3.2024)