Das blaue Netzwerk rechtsextremer Medien, die überwiegend Haus-und-Hof-Berichterstattung für die FPÖ betreiben, ist in den vergangenen Jahren noch einmal eindrucksvoll erweitert worden. Das zeigte die teils rechtsextreme Reisegruppe an Publizisten, die von der FPÖ mit Steuergeld ins EU-Parlament nach Straßburg eingeladen wurde. Die verschiedenen Plattformen werden teils von Mitarbeitern unterschiedlicher FPÖ-Organisationen bespielt, teils von freundlich gesinnten Aktivisten – gesponsert durch blaue Inserate.

Die in Umfragen stärkste Partei hat sich ein eigenes publizistisches Ökosystem geschaffen, durch das ein in sich geschlossener Kreislauf ohne kritisches Hinterfragen möglich ist. Die diversen Blogs und Webseiten verbreiten blaue Inhalte; FPÖ-Politiker greifen diese etwa in Form von parlamentarischen Anfragen oder Presseaussendungen auf. Darüber wird dann erneut berichtet, etwa mit Verweisen auf andere blaue Medien. So entsteht der Eindruck, dass die Inhalte dieser Seiten aus diversen Quellen stammen – wenngleich de facto nur Spins der FPÖ dahinterstehen.

Fast alle wichtigen Akteure dieses Milieus waren dabei, als die FPÖ gen Straßburg aufgebrochen ist. Ein Überblick.

Der identitäre "Heimatkurier"

Die Marschrichtung beim "Heimatkurier" ist eindeutig. Seriöse Medien teilen ihre politische Berichterstattung in Unterkategorien wie Bildung, Parteien oder Klima; beim "Heimatkurier" heißen die Subressorts Masseneinwanderung, Linksextremismus, Systemversagen, Regenbogenpropaganda und Schuldkult. Texte in letzterer Kategorie befassen sich etwa mit dem "neurotischen Umgang Deutschlands mit seiner eigenen Geschichte", der Begriff "Schuldkult" steht in rechtsextremen Kreisen für die Ablehnung der Entnazifizierung und Gedenkkultur.

Identitären-Kopf Martin Sellner (Mitte links) mit dem rechtsextremen Publizisten Götz Kubitschek.
© Christian Fischer

Dass der "Heimatkurier" so agiert, ist kein Wunder, stehen doch frühere Führungskader der rechtsextremen Identitären Bewegung hinter ihm. Die Plattform will "genuin rechten und aktivistischen Inhalten eine verlässliche Plattform" bieten und sich vor allem der Verschwörungstheorie des "Bevölkerungsaustausches" widmen. Betrieben wird die Seite vom Verein für kritische Aufklärung, Informationsvielfalt und Meinungsfreiheit, dem Philipp Huemer vorsteht – laut dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) sinngemäß ein Identitärer der ersten Stunde genau wie das andere Vorstandsmitglied Fabian Rusnjak. Beide wurden von der FPÖ nach Straßburg eingeladen. Auch Identitären-Kopf Martin Sellner schreibt im "Heimatkurier". Anzeigen werden dort etwa von der FPÖ und von der AfD gebucht.

Identitären-nahes "Info Direkt"

Auch "Info-Direkt" kann als Identitären-nahes Projekt bezeichnet werden, wenngleich das Magazin seit seiner Gründung im Jahr 2015 versucht, ein breites Spektrum an Autorinnen und Autoren unterzubringen. Über "Info-Direkt" sollen auch russische Propagandainhalte ausgespielt worden sein, wie die "Zeit" im Jahr 2016 berichtet hat. Der Titel der ersten "Info-Direkt"-Ausgabe zeigte den russischen Präsidenten Wladimir Putin, Coverzeile: "Wir wollen einen wie ihn".

Mittlerweile gehört die Info-Direkt VerlagsGmbH zu hundert Prozent Michael Scharfmüller, der sich in den 2000er-Jahren gemeinsam mit Stefan Magnet (Auf1) im Bund freier Jugend betätigt hat, der vom Verfassungsschutz 2006 als neonazistisch eingestuft wurde. Gegen Scharfmüller und Magnet wurde damals auch ermittelt; mit ihnen solidarisierten sich damals etwa der Verband der Opfer des NS-Verbotsgesetzes und der Ring Freiheitlicher Jugend. Dessen damaliger Obmann Stefan Juritz ("Freilich") forderte die Abschaffung des Verbotsgesetzes. Das Verfahren gegen Scharfmüller und Magnet wurde zur Gänze eingestellt.

Juritz und Scharfmüller waren auf Einladung der FPÖ in Straßburg dabei.

"Aula"-Nachfolger "Freilich"

Juritz vertrat in Straßburg als Chefredakteur das "Freilich"-Magazin. Die Freilich Medien GmbH gehört den freiheitlichen Akademiker-Verbänden Steiermark und Salzburg; Geschäftsführer ist der frühere Grazer Gemeinderat Heinrich Sickl. Seine Verbindungen zu den Identitären, denen er etwa ein Geschäftslokal vermietete, sorgten immer wieder für Schlagzeilen. In den 1990er-Jahren war Sickl auch in neonazistischen Kreisen unterwegs, die Szene bezeichnete er zuletzt gegenüber der "Kleinen Zeitung" als "Wahnsinn", mit der er nichts zu tun haben wolle: "Wir reden von einem 17-jährigen Burschen, der auf der Suche war."

Das "Freilich"-Magazin ist Nachfolgerin der "Aula", die einst eine der ältesten Rechts-außen-Medien Österreichs war. Durch mehrere Skandal war jedoch deren "Marke beschädigt" worden, wie der heutige EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky einst meinte. So hatte es in einem "Aula"-Text geheißen, Überlebende des KZ-Mauthausen seien "raubend und plündernd, mordend und schändend" durch Österreich gezogen. Außerdem wurde Cesar Sampson, der österreichische Vertreter beim Eurovision Song Contest 2018, rassistisch beschimpft. Mehrere Landesverbände des Akademikerverbands zogen sich deshalb aus der "Aula" zurück; daraufhin entstand "Freilich".

Die parteieigenen Medien: FPÖ TV und "NFZ"

Noch näher an der Partei als "Freilich" sind FPÖ-TV und die "Neue Freie Zeitung" ("NFZ"). Sie sind in Straßburg von Alexander Höferl vertreten worden, quasi dem Kommunikationschef von Parteiobmann Herbert Kickl (FPÖ). FPÖ-TV ist gewissermaßen der Youtube-Kanal der Partei; der mit eigenen Sendungen bespielt wird und auch ein Karrieresprungbrett ist. Moderatorinnen waren einst etwa die Abgeordneten Petra Steger oder Philippa Beck (zwischenzeitlich: Strache) oder Giorgia Pokorny, die nun in den Aufsichtsrat der Niederösterreich Bahnen bestellt wurde. Derzeitige Frontfrau ist die einstige ORF-Moderatorin Marie-Christine Giuliani ("Bingo"), der gute Chancen auf ein Mandat bei der kommenden Wahl nachgesagt werden.

Petra Steger (links) begann einst bei FPÖ-TV. Bei der EU-Wahl kandidiert sie hinter Harald Vilimsky (Mitte) auf Platz zwei.
APA/HELMUT FOHRINGER

Die "Neue Freie Zeitung" ist die klassische Parteizeitung der FPÖ; sie steht auf der Parteihomepage zum Abruf bereit und ist – im Vergleich zu den anderen hier genannten Angeboten – tendenziell unaufgeregt.

Dicht verwoben: "Unzensuriert.at"

Auch "Unzensuriert.at" ist sehr eng mit der Parteistruktur verwoben. Betrieben wird die Seite von "Unzensuriert – Verein zur Förderung der Medienvielfalt", dem laut dem aktuell verfügbaren Registerauszug der stellvertretende Klubdirektor der FPÖ Walter Asperl vorsteht, bis Dezember 2017 war Alexander Höferl, der danach zum Kommunikationschef Kickls im Innenministerium wurde, im Vereinsvorstand. Die Seite ist quasi ein Urgestein unter rechten Onlinemedien, sie ist bereits 2009 gegründet worden. Angestoßen worden sein soll die Gründung durch den damaligen Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf.

Die Seite sorgte immer wieder für politische Auseinandersetzungen, auch durch die dort aufrufbaren Userpostings. So forderte ein User in Anspielung auf den Rechtsterroristen und Massenmörder Anders Breivik im Jahr 2013 eine "Breivikisierung" der "Parlamentswanzen", woraufhin die damalige Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) Anzeige einreichte. Auch eine "Profil"-Journalistin wehrte sich gegen Userkommentare.

Aber auch die Artikel auf "Unzensuriert.at", die meist von FPÖ-Politikern oder deren Mitarbeitern verfasst werden, regten auf. Da hieß es etwa, der Vordenker der neonazistischen "Europäischen Aktion" sei "wegen eigener Meinung im Gefängnis" gelandet. Für den Tod des 77-Jährigen machte man indirekt die damalige Extremismus-Leiterin des Verfassungsschutzes (BVT) verantwortlich – Innenminister war damals Herbert Kickl, dessen Umfeld eine skandalöse Razzia gegen das BVT angestoßen hatte.

Nach Straßburg reiste für "Unzensuriert.at" der FPÖ-Bezirksrat Matthias Kornek, der zuletzt nach heftigen Streitigkeiten als Obmann des Rings Freiheitlicher Studenten Wien zurückgetreten war. Kornek ist laut Parlamentsunterlagen Mitarbeiter von Petra Steger.


"Der Status"

"Der Status" ist ein relativ neues Onlineangebot, das von der JJMB Media GmbH betrieben wird. Die Firma gehört mehrheitlich der langjährigen Aktivistin Bernadette Conrads, die auch als parlamentarische Mitarbeiterin tätig ist. Sie war zuvor Chefredakteurin des rechten "Wochenblick", der 2023 überraschend eingestellt wurde. Gemeinsam mit zwei anderen Autoren gründete sie den "Status", der sich bereits im Visier von Zensurtools "aus dem Umfeld von CIA, Nato, mächtigen Stiftungen, Ex-US-Regierungsvertretern und Medien-Riesen" wähnt.

"Der Status" ist ein Nachfolgeprojekt des "Wochenblick".

Die Plattform betreibt vor allem Agitation gegen Corona-Impfungen, Conrads fällt in sozialen Medien auch mit ihren geopolitischen Ansichten auf. So schrieb sie mit Blick auf die Taliban, "wilde Länder brauchen starke Regeln". Der Witwe des russischen Dissidenten Alexej Nawalny unterstellte sie, weniger um ihn zu trauern als "Mainstream-Journalisten".

Conrads war auf der Reise nach Straßburg dabei.

Das Urgestein "Der Eckart"

"Der Eckart" ist ein weiteres Urgestein der Rechts-außen-Medien. Das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands attestiert ihm "revanchistische und ausländerfeindliche Inhalte". Herausgegeben wird das Blatt von der Österreichischen Landsmannschaft (ÖLM). Dementsprechend liegt ein Fokus auf deutschsprachigen Gruppen in Mittel- und Osteuropa, etwa "Deutsche Kultur in Rumänien".

Für den "Eckart" war Konrad Markwart Weiss in Straßburg eingeladen, ein langjähriger Berater des damaligen FPÖ-Chefs Heinz-Christian Straches mit besten Kontakten zu neurechten und identitären Akteuren wie Götz Kubitschek.

Krawalliges "Report24"

Besonders krawallig erscheint im blauen Medien-Biotop "Report24", das von Florian Machl geführt wird. Es fällt vor allem mit Inhalten gegen die Corona-Impfung vor, "Kobuk" will zudem zahlreiche Desinformationen über Klimawissenschaft gefunden haben. Auf X (Twitter) philosophiert Machl über die "Illusion Demokratie" oder darüber, dass zum Ende des Römischen Reichs "die Eliten offen homosexuell wurden und der arbeitenden Masse auf der Nase herumtanzten".

In Straßburg waren für "Report24" Machl und eine zweite Mitarbeiterin eingeladen gewesen.

Der radikalisierte Regionalsender RTV

RTV ist ein oberösterreichischer Regional-Fernsehsender, den es seit den 1990er-Jahren gibt. Vor der Corona-Pandemie gab es klassische Regionalberichterstattung, danach wurden die Inhalte immer radikaler. Deshalb kündigten zahlreiche Vertragspartner, etwa die Stadt Steyr, die Zusammenarbeit auf. Zeitweise strahlte RTV auch Sendungen von AUF1 aus. Talkgäste waren etwa Identitären-Vordenker Martin Sellner oder der Corona-Leugner Peer Eifler. In Straßburg war RTV durch Senderchef Christian Schott und Nicolaus Schott vertreten.

Die Contentschleuder "Unser Mitteleuropa"

Die Plattform ist eine Art Katalysator für Meldungen anderer Rechts-außen-Medien, wie eine Recherche von Correctiv zeigte. Mehr als 700 Meldungen anderer Angebote soll "Unser Mitteleuropa" von Anfang 2021 bis Herbst 2022 teilweise übersetzt und wiederveröffentlicht haben. Hinter der Plattform steckte Peter H., der auch Bezüge zur neonazistischen Europäischen Aktion aufwies und für die FPÖ tätig gewesen sein soll. Die Plattform wird einer Briefkastenfirma in Großbritannien zugerechnet, aktiv war dort auch ein Pressereferent des Klimaministeriums, der deshalb freigestellt wurde. Nach Straßburg eingeladen war ein Mitarbeiter von "Unser Mitteleuropa", der auf Facebook mit Identitären befreundet ist und sich auf LinkedIn als Politikberater einer Kommunikationsagentur in London bezeichnet.

"Unser Tirol 24"

Das Portal bezeichnet sich als erstes "Gesamttiroler" Angebot. Dementsprechend geht es in dem Medium, das in Neumarkt in Südtirol sitzt, relativ oft um die Beziehungen zwischen der autonomen italienischen Provinz und Österreich. Mit der FPÖ soll ein Redakteur nach Straßburg gereist sein.

Die Fehlenden: AUF1, "Zur Zeit"

Gut zur blauen Reisegruppe nach Straßburg gepasst hätte auch ein Vertreter von AUF1: Der Internetsender war in den vergangenen Jahren zu einer der größten Plattformen für rechtsextreme Inhalte aufgestiegen. Senderchef ist Stefan Magnet, der zuvor schon mit "Info-Direkt" und dem "Wochenblick" zu tun hatte. Als Programmchef fungiert Andreas Retzschitzegger, der einst als Funktionär des Rings Freiheitlicher Jugend bei Aufmärschen des neonazistischen Bund freier Jugend (BfJ) zu sehen war – rund um die BfJ-Aktivitäten war Magnet freigesprochen worden.

Zu den Moderatorinnen zählen neben anderen die Schauspielerin Sabine Petzl ("Medicopter 117", "Küstenwache") sowie eine frühere Polizistin, die wegen ihres Verhaltens in der Pandemie ein Disziplinarverfahren aufgebrummt bekommen und gekündigt hat.

Ebenfalls nicht in Straßburg vertreten war "Zur Zeit", die von Ex-EU-Mandatar Andreas Mölzer herausgegebene Zeitschrift. (Fabian Schmid, 20.3.2024)