Polizeiauto mit eingeschaltetem Blaulicht
Die ausgeforschten Tatverdächtigen haben Migrationshintergrund: Sie wurden etwa in Syrien, Bulgarien, der Türkei, Nordmazedonien, Italien, Serbien oder auch in Österreich geboren.
Werner Kerschbaummayr / fotokers

Im Fall des mutmaßlich schweren sexuellen Missbrauchs einer Zwölfjährigen in Wien-Favoriten sind der Staatsanwaltschaft Wien mittlerweile 16 tatverdächtige Jugendliche bekannt. Zuletzt konnte ein weiterer Teenager ausgeforscht werden, sagte Sprecherin Nina Bussek am Dienstag auf STANDARD-Anfrage. Eine weitere Person, nach der gesucht wird, ist namentlich noch nicht bekannt. Insgesamt gibt es nach aktuellem Stand 17 Verdächtige, alle haben Migrationshintergrund oder einen ausländischen Pass. Der Großteil der Burschen ist zwischen 14 und 17 Jahre alt, eine Person ist 19 Jahre alt. Dazu kommen zwei Burschen unter 14 Jahren, die strafunmündig sind: Gegen sie kann aufgrund ihres Alters zum Zeitpunkt der Tat strafrechtlich nicht vorgegangen werden. In Bezug auf die Missbrauchshandlungen befindet sich aktuell kein Tatverdächtiger in U-Haft.

Die Schülerin soll im Februar 2023 einen der verdächtigen Teenager in einem Park im Bezirk Favoriten kennengelernt haben. Über diesen kam die damals Zwölfjährige dann mit weiteren Jugendlichen in Kontakt. Die angezeigten Übergriffe fanden in Stiegenhäusern, Parkgaragen, einem Hotelzimmer oder Wohnungen in Favoriten zwischen Februar und Juni 2023 statt. Ermittelt wird wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, in einem Fall besteht auch der Verdacht auf Vergewaltigung. Die Taten könnten teilweise auch mitgefilmt worden sein, was weitere mögliche Strafdelikte bedeuten würde: Die Auswertung der Handys der Beschuldigten lag der Staatsanwaltschaft aber am Dienstag noch nicht vor. Diese werde vor einer Anklage jedenfalls noch abgewartet. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Die Mutter des Mädchens hat von den mutmaßlichen Übergriffen von einem Bekannten der Tochter erfahren. Dieser habe auch Videos gesehen, sagte die Mutter in einem Interview mit dem ORF-Magazin "Thema", das am Montagabend ausgestrahlt wurde. Dass sich die Tochter ihr zunächst nicht anvertraut hatte, führte sie darauf zurück, dass sich die Tochter zunächst "teilweise selbst die Schuld zugeschoben" habe. "Das war voller Scham, so etwas erzählen zu müssen, dass es hier auch Videos und Aufnahmen gibt, die sie in so erniedrigenden Situationen zeigen."

Der Beweggrund der Mutter für den Schritt an die Öffentlichkeit sei gewesen, "ein bisschen Klarheit zu schaffen". Denn sie habe in Kommentaren in sozialen Medien und Zeitungen auch lesen müssen, wo denn die Eltern gewesen seien und warum diese nichts gemerkt hätten. "Es kommt so rüber, als denkt die Außenwelt, da ist in diese Richtung etwas schiefgegangen. Dem ist nicht so", sagte die Mutter. Sie gab auch an, monatelang nicht erfahren zu haben, wie viele Fehlstunden ihre Tochter im Vorjahr in der Schule eigentlich hatte.

Wien heute: Missbrauchsfall: Mama der Zwölfjährigen im Gespräch
Eine zwölfjährige Wienerin soll über Monate von einer Gruppe Burschen missbraucht worden sein. In der ORF-Sendung "Thema" sprach am Montag die Mutter des Mädchens.
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Spendenkampagne für Mädchen

Bei den Einvernahmen durch die Polizei sollen sich die Beschuldigten teils geständig gezeigt haben, zum Teil die Vorwürfe komplett zurückgewiesen haben oder ihre Aussage gänzlich verweigert haben. Mehrere von ihnen gaben an, das Mädchen älter geschätzt zu haben, oder auch, dass die Zwölfjährige sich als älter ausgegeben habe. Die Jugendlichen sind unterschiedlicher Abstammung: Sie wurden etwa in Syrien, Bulgarien, der Türkei, Nordmazedonien, Italien, Serbien oder in Österreich geboren. Sie wohnen großteils bei ihren Eltern, einige sind beim AMS gemeldet, und die meisten haben kein eigenes Einkommen. Teilweise geben sie an, eine Lehrstelle zu suchen.

Anwalt Sascha Flatz, der das Mädchen vertritt, wies via Social Media auch auf eine private Spendenkampagne für die Betroffene hin – "damit sie in den Urlaub kann. Jeder Beitrag hilft und wird von mir weitergeleitet." Auf der Plattform Go Fund Me wurden bis Dienstagnachmittag rund 11.000 Euro gespendet. (jan, krud, spri, 19.3.2024)