Ein Foto aus dem November vergangenen Jahres zeigt HRH Catherine gesund und fröhlich. Vom Shopping am Wochenende gibt es keine Bilder, aber Zeugenaussagen.
AP/Frank Augstein

Was ist denn mit der "Sun" los? Jahrzehntelang betätigte sich das Revolverblatt des US-australischen Medienzaren und eingefleischten Republikaners Rupert Murdoch als oberster Quälgeist der britischen Royals. An diesem Montag aber verpackte die Londoner Zeitung ihre Neuigkeit übers Königshaus ganz zahm: Prinzessin Kate sei "fröhlich und gesund" in einem Farmshop nahe Windsor gesichtet worden. Nicht einmal ein Beweisfoto gab es dazu, wo doch "Sun"-Paparazzi einst zu den hartnäckigsten Verfolgern schöner Prinzessinnen gehörten.

Die Episode verdeutlicht zweierlei: Zum einen lechzen die Briten eine Woche nach der Photoshop-Affäre rund um das allzu aufgehübschte Muttertagsbild nach Neuigkeiten über die 42-jährige Frau des Thronfolgers William. Zum anderen haben die britischen Medien ganz erkennbar eine bewusste Entscheidung getroffen, sich nicht auf eine Auseinandersetzung mit den durch Krankheit und schlechte PR gebeutelten Windsors einzulassen.

Häme im Gefolge

Unisono nehmen Kolumnistinnen der führenden Zeitungen Kate und ihre Familie gegen die Übergriffigkeit der Öffentlichkeit und allerlei hässliche, im Internet kursierende Gerüchte in Schutz. Sie sei kein Fan der Royals und nicht sonderlich begeistert von Kate, schreibt Camilla Long in der "Sunday Times", aber: "Uns alle kann ich noch viel weniger leiden." Die Häme im Gefolge des verunglückten Fotos sei "ekelhaft, bizarr und durchgeknallt" gewesen.

Kate war Mitte Jänner wegen einer "Operation im Bauchraum" und anschließender Rekonvaleszenz aus der Öffentlichkeit verschwunden. Dass just zur gleichen Zeit König Charles III. zunächst wegen eines Prostata-Eingriffs, später wegen einer Krebsbehandlung öffentliche Termine absagen musste, ließ die Royals dezimiert aussehen.

Das Muttertagsbild der Prinzessin Kate mit ihren drei Kindern George (10), Charlotte (8) und Louis (5).
Ein banales Bild, das für viel Wirbel sorgte.
AP/Alastair Grant

Das Muttertagsbild der Prinzessin mit ihren drei Kindern George (10), Charlotte (8) und Louis (5) sollte den fröhlicher Schnappschüsse entwöhnten Königshausfans entgegenkommen und die Genesung der Patientin demonstrieren. Nachdem aber führende Fotoagenturen das Foto als Manipulation bezeichnet hatten, musste sich Kate vergangenen Montag entschuldigen: "Wie viele Hobbyfotografen experimentiere auch ich gelegentlich mit der Bearbeitung eines Bildes." Was folgte, war ein Shitstorm auf den sozialen Medien, samt völlig haltloser Spekulationen darüber, die Prinzessin sei viel kränker als vom Palast zugegeben.

Positives Image

Dass die Londoner Medien sie nun mit Samthandschuhen anfassen, verdeutlicht das überwiegend positive Image der aus gutbürgerlichem Hause stammenden Kate Middleton. In allen Umfragen zur Beliebtheit der Windsors liegt sie weit vor Prinz William (41) und dem 75-jährigen König selbst sowie dessen Gattin Camilla. Keine sonderlich glamouröse Konkurrenz, ließe sich dagegen einwenden. Die ging durch die Flucht von Williams jüngerem Bruder Harry und dessen Frau Meghan Markle verloren.

Harry prozessiert weiterhin um den Polizeischutz seiner Familie bei Auftritten im Königreich. Das hat gewiss mit den Erfahrungen zu tun, die seine Mutter Diana nach ihrer Scheidung von Prinz Charles 1996 machen musste. An die damalige Treibjagd der ganz überwiegend männlichen Fotografen auf die Mutter des Thronfolgers erinnerte jetzt Dianas Bruder Charles Spencer in einem BBC-Interview. Im Vergleich zu dem auf Kate lastenden Druck sei die Situation damals noch deutlich gefährlicher gewesen, glaubt der Graf und verweist auf den Unfalltod seiner damals 36-jährigen Schwester in einem Pariser Tunnel 1997: "Die Begleitumstände ihres Todes waren so schockierend, dass die Medienindustrie und die Paparazzi wirklich etwas genauer darüber nachdachten, was sie tun und nicht tun sollten."

Lektion gelernt

Mögen die Medien damals auch tatsächlich eine Lektion gelernt haben – ob dies im 21. Jahrhundert auch für all jene vermeintlichen Insider gilt, die sich völlig unkontrolliert im Internet tummeln? Die Autorin Sarah Ditum ist sich auf der Website Unherd nicht so sicher: Kate sei nun einmal "die erste Internetprinzessin", schreibt die Verfasserin eines Buchs über die zunehmende verbale und sexuelle Belästigung von Frauen in sozialen Medien in der ersten Dekade unseres Jahrhunderts. "Der Palast wird sie nicht von den Menschen abschirmen können."

Jedenfalls nicht auf Dauer. Freundlich gesonnenen Königshaus-Berichterstattern hat das Thronfolgerpaar jetzt mittels ungenannter "Freunde" einige Zukunftspläne zukommen lassen. Frühestens in einem Monat, nach dem Ende der vierwöchigen Osterferien ihrer auf Privatschulen gehenden Kinder am 17. April, werde Prinzessin Kate wieder Termine wahrnehmen. (Sebastian Borger aus London, 18.3.2024)

AKTUELL nach eins: Adelsexperte Gersmann zum Fake-Foto von Prinzessin Kate
Seit Wochen war Prinzessin Kate aus der Öffentlichkeit verschwunden. Sie wurde am Bauch operiert. Dann wurde vom Palast ein Foto von Kate mit ihren drei Kindern veröffentlicht, dass offenbar bearbeitet worden war. Das sorgt Gerüchte. Zum Thema ist Adelsexperte Ansgar Gersmann zu Gast in "Aktuell nach eins".
ORF