Eine Baustelle mit einem Signa-Enblem
Die Gläubiger der Signa Prime haben entschieden: Der Signa Prime bleibt ein Konkurs derzeit erspart.
APA/Helmut Fohringer

Der Montag kann getrost als Schicksalstag für die Signa Immobiliengruppe bezeichnet werden. Die Gläubiger und Gläubigerinnen der wichtigsten Töchter, der Signa Prime Selection AG und der Signa Development Selection AG, kamen im Handelsgericht Wien zusammen, um über die Sanierungspläne abzustimmen. Vor dem Saal im 7. Stock, wo die größten Verhandlungssäle des Gerichtsgebäudes zu finden sind, bildete sich eine lange Schlange von Gläubigern und deren Vertretern, die allesamt Einlass finden wollten.

Prime-Sanierungsverwalter Norbert Abel und Signa-Sanierungsverwalterin Andrea Fruhstorfer hatten eine Treuhandsanierung vorgeschlagen. Bei dieser Lösung wird das gesamte Vermögen der Gesellschaft einem Treuhänder übergeben und zur Gänze verwertet – was längstens fünf Jahre dauern kann. Der gesamte Verwertungserlös geht an die Gläubiger. Denen wurde im Sanierungsplan eine Quote von 30 Prozent versprochen, zahlbar binnen zweier Jahre. Bei der Treuhandvariante könnte mehr rausschauen, wie es in den modifizierten Sanierungsplänen hieß. Denn dem Treuhänder bleibe mehr Zeit, um die Immobilien bestmöglich und vielleicht auf erholten Immobilienmärkten zu verkaufen, wie eines der Argumente lautet.

Die Alternative, vor der die Gläubiger am Montag standen: Zustimmung zum Treuhandsanierungsverfahren – oder Konkurs. Fürs Worst-Case-Szenario wurde im jüngsten Bericht des Sanierungsverwalters eine Quote von neun Prozent angegeben.

Konkurs vom Tisch

Um 13 Uhr ging die Sanierungsplantagsatzung für die Prime im Handelsgericht los, der Andrang war groß. Schließlich wurden Forderungen in der Höhe von 12,8 Milliarden Euro angemeldet; rund 5,9 Milliarden davon sind anerkannt. Die Gläubigerinnen und Gläubiger kommen aus aller Welt, gibt es doch auch viele, die sich bei ihren Forderungen auf Anleihen berufen, die international angeboten wurden. Zudem sind internationale Banken und andere Financiers involviert, die den raketenhaften Aufstieg der Signa zum größten europäischen Immobilienkonzern mit ermöglicht haben. Für die Zustimmung zum Sanierungsplan war eine doppelte Mehrheit Voraussetzung: Es braucht die Mehrheit der Gläubiger und der Forderungssumme. Kurz nach 16 Uhr ließ Prime-Sanierungsverwalter Abel dann das Abstimmungsergebnis per Aussendung bekannt geben: "In der Abstimmung wurden sowohl die Kopf- als auch die Kapitalmehrheit erreicht und der Treuhandsanierungsplan somit von den Gläubigern angenommen."

Wenige Stunden später wiederholte sich das gleiche Spiel bei der Signa Development. Die Mehrheit der Gläubigerversammlung habe dem Treuhand-Sanierungsplan zugestimmt, hieß es gegen 17.30 Uhr in einer Aussendung. Damit werde die vollständige Verwertung der Vermögenswerte an eine Treuhänderin übergeben. Der Sanierungsplan muss noch vom Handelsgericht Wien bestätigt werden. Dafür ist eine Frist bis 30. Juni 2024 vorgesehen. Der Sanierungsplan sieht vor, dass zu der angebotenen Quote von 30 Prozent eine Sanierungstreuhandschaft mit Superquote (bis 100 Prozent) hinzukommt, wie der Alpenländische Kreditorenverband (AKV Europe) mitteilte. Ob die Gläubiger die Sanierungsplanquote von 30 Prozent oder mehr bekommen, "hängt in erster Linie von der Entwicklung des Immobilienmarktes in den nächsten Jahren ab", merkte Karl-Heinz Götze vom Kreditschutzverband von 1870 (KSV1870) an.

Damit ist klar: Das gerichtliche Konkursverfahren ist einmal vom Tisch.

Die Gläubiger und Gläubigerinnen – beziehungsweise ihre Berater und Anwaltskanzleien – hatten bis zum Montag getüftelt, gerechnet und gebangt. Niemand, der sich getraut hätte, ein Abstimmungsergebnis vorherzusagen, auch nicht Kreditschützer wie etwa Karl-Heinz Götze vom Gläubigerverband KSV1870.

Republik gegen Treuhandlösung

Für umso mehr Aufsehen hatte dann aber Montagfrüh die Ankündigung des Präsidenten der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, gesorgt, wonach die Republik Österreich gegen die Treuhandsanierung stimmen werde, bei Prime wie Development. Im Interview mit dem Ö1-Morgenjournal sagte Peschorn, der im Insolvenzverfahren die Interessen der Republik vertritt, dass für den im Treuhandverfahren notwendigen langsamen Verkauf der Assets die Liquidität, also schlicht: das Geld, fehle, das sei "nicht in Sicht". Auch bei Annahme des Sanierungsplans müsste man mit Druck verkaufen. "Nur über den Verkauf kann sich das Unternehmen über Wasser halten in den nächsten Wochen."

Die abrupten Firesales, also Notverkäufe, haben bekanntlich den Nachteil, dass sie geringere Erlöse einspielen als Verkäufe, die man in Ruhe und bei möglicherweise besserer Immobilienmarkt-Lage abwickeln kann. Wobei Peschorn auch die in Aussicht gestellte 30-Prozent-Quote bei der Treuhandvariante in Zweifel zog: Die würde nur in Aussicht gestellt, sei keine Garantie und ihre Erreichung hänge von "sehr, sehr optimistischen Einschätzungen" ab.

Investor Kühne könnte Geld springen lassen

Allerdings war vor Beginn der Sitzung ein Hoffnungsschimmer am Horizont aufgetaucht. Wie Bloomberg und später Reuters berichteten, soll der Hamburger Logistikunternehmer und Signa-Investor Klaus-Michael Kühne in Gesprächen mit den Prime-Leuten sein und, zusammen mit Banken, einen Massekredit von mehr als 100 Millionen Euro in Aussicht gestellt haben. Geld, das die nötige Liquidität zur Bezahlung von Rechnungen und zur Fortsetzung der diversen Bauarbeiten verwendet werden soll, wie die Agenturen vermeldeten.

Die Insolvenz der 2001 von René Benko gegründeten Immobiliengruppe ist die größte in der Geschichte der Zweiten Republik. Ihre Aufarbeitung wird noch Jahre dauern, so viel ist gewiss. (Renate Graber, red, 18.3.2024)