Das Symbol des Euro vor der Europäischen Zentralbank.
Preisverfall und hohe Zinsen – das ist eine schlechte Kombination, die bei vielen Gewerbeimmobilien zur Belastungsprobe für Banken werden kann.
IMAGO/Daniel Kubirski

In den USA haben Gewerbeimmobilien in den vergangenen Monaten für ordentlich Wirbel in einigen Bankbilanzen gesorgt. Weil es vor allem Regionalbanken sind, die Gewerbeimmobilien finanziert haben, kamen diese durch die Zinserhöhungen in die Bredouille, einige kollabierten. Das Problem ist aber nicht auf die USA beschränkt. Auch in Europa geistert das Gewerbeimmo-Gespenst herum.

Laut Bloomberg haben europäische Banken 1,2 Billionen Euro an Ausleihungen in ihren Büchern, die mit Gewerbeimmobilien besichert sind – das entspricht 8,3 Prozent des gesamten Kreditportfolios der Banken. Die Finanznachrichtenagentur bezieht sich auf Daten der Europäischen Zentralbank (EZB). "Gewerbliche Immobilien sind besonders anfällig" und weisen einen überdurchschnittlich hohen Anteil an notleidenden Krediten auf, sagte Claudia Buch, Vorsitzende des Aufsichtsgremiums der EZB.

Die EZB hat Gewerbeimmobilien schon seit 2017 im Blick. Denn den Aufsehern fiel auf, dass einige Immobilienfirmen Kredite in einer Höhe aufgenommen haben, die schwer zu bedienen sein würden, wenn die Zinsen drehen. Gewerbeimmobilien sind vor allem in der Pandemie unter Druck gekommen, als viele Arbeitnehmer im Homeoffice geblieben sind und damit auch Lokale und Geschäfte im Umfeld Umsatzeinbrüche verbuchten. Mit dem Zinsanstieg nach der Pandemie ist der Sektor zusätzlich unter Druck, weil Refinanzierungen zu deutlich anderen Konditionen stattfinden. Ebenso Rückzahlungen, sofern die Kredite variabel verzinst waren. In der EZB werden laut Bloomberg bereits Maßnahmen diskutiert, wie Banken mit dem schlummernden Risiko umgehen können. Höhere Sicherheiten und Risikovorsorgen werden wohl die Folge sein.

Risiko ist oft nicht klar

Seit 2018 nimmt die EZB die Immobilienportfolios von mehr als 40 Banken in Europa, Großbritannien und den USA unter die Lupe. Ihre Teams verbrachten bis zu drei Monate in den Geschäftsräumen der Banken und sahen sich im Detail an, wie sie das damit verbundene Risiko handhabten, einschließlich der zentralen Frage der Bewertung von Sicherheiten. Dabei zeigte sich laut Bloomberg, dass einige Institute nicht das Potenzial für erhebliche Verluste erkannten, wenn die Werte der Sicherheiten sinken und eine große Anzahl von Kreditnehmern schnell in Not gerät. Die Banken wussten auch nicht genug über ihre Kredite. Es fehlte etwa der Überblick über jene Kreditnehmer, bei denen Refinanzierungsrisiken bestanden, etwa wegen eines hohen Anteils endfälliger Kredite.

Die EU-Bankenaufsichtsbehörde EBA warnt Geldhäuser mittlerweile vor lang anhaltenden Belastungen durch den Preisverfall bei Gewerbeimmobilien. "Die Banken müssen sich auf eine mehrjährige Krise einstellen", sagt EBA-Chef José Manuel Campa dem "Handelsblatt". Eine systemische Gefahr für den Sektor wird aber nicht gesehen. Wie schnell es gehen kann, dass eine Bank unter Druck kommt, zeigt die deutsche Pfandbriefbank. Der Kurs sackte zuletzt dramatisch ab, nachdem bekannt geworden war, dass sich die Bank stark am US-Gewerbeimmobiliensektor engagiert hatte. (Bettina Pfluger, 18.3.2024)