Wenige Unternehmen pflegen ein dermaßen vielschichtiges Verhältnis wie Apple und Google: Nach außen gerade am Smartphone-Markt erbitterte Feinde, sind sie über einen Milliardendeal zur Nutzung der Google-Suche am iPhone seit Jahren finanziell eng verbunden. Nun könnten die beiden Firmen einander noch näher kommen.

Apple goes Gemini?

Apple steht derzeit in engen Verhandlungen mit Google über die Nutzung von dessen aktuell stärkstem KI-System Gemini, berichtet Bloomberg. Wie so oft geht es dabei um das iPhone, Gemini soll für aufwendigere KI-Aufgaben auf den Smartphones von Apple zum Einsatz kommen. Ob sich Apple dabei wirklich für Google entscheidet, ist derzeit allerdings noch unklar, so soll das Unternehmen vor kurzem auch mit ChatGPT-Hersteller OpenAI gesprochen haben.

iPhones könnten bald schon smarter werden – dank Google.
Jaap Arriens; via www.imago-imag

Für Google wäre ein solcher Deal ein großer Gewinn im Wettstreit mit anderen KI-Anbietern, immerhin würde man damit Milliarden neuer User für Gemini gewinnen. Überhaupt könnte sich Gemini damit zu dem großen Sprachmodell (LLM) für Smartphones schlechthin entwickeln. Mit Gemini Nano hat Google ein speziell für dieses Umfeld optimiertes LLM, das bereits auf dem eigenen Pixel 8 Pro sowie der Galaxy-S24-Reihe von Samsung läuft. Es ist davon auszugehen, dass in den kommenden Monaten zahlreiche neu auf den Markt kommende Android-Smartphones ebenfalls mit Gemini Nano ausgestattet werden.

Viele offene Fragen

Allerdings ist in dem Fall auch die Frage, wofür Apple Gemini überhaupt nutzen will. In dem Bloomberg-Bericht ist von aufwendigen Funktionen wie der generativen Erstellung von Text oder Bildern die Rede, während man einfachere Maschinenlernaufgaben mit eigenen Modellen erledigen will. Solche anspruchsvollen Tasks werden derzeit üblicherweise über die Cloud abgewickelt, insofern könnte es auch um größere Gemini-Varianten gehen, die gar nicht am Smartphone laufen.

Klar macht der Bericht aber auch etwas anderes: Apple ist bei der Entwicklung eigener KI-Modelle derzeit nicht so weit, wie man gerne wäre, obwohl man zuletzt zahlreiche Firmen in diesem Bereich gekauft hat. Zwar hat man laut früheren Berichten ein großes Sprachmodell namens Ajax in Entwicklung, auch einen auf OpenAI-Technologie basierenden Chatbot namens AppleGPT soll es geben. Die Entwicklung solch großer Modelle ist aber extrem aufwendig, das Know-how von Firmen wie OpenAI oder Google nur schwer aufholbar, weshalb eine Partnerschaft für Apple eine interessante Lösung darstellen könnte.

Wann sich eine Partnerschaft mit Google in konkreten Resultaten niederschlagen würde, ist ebenfalls noch offen. Für das im Frühherbst erwartete iOS 18 soll Apple noch an einfacheren KI-Funktionen arbeiten – und zwar basierend auf eigenen Modellen. So ist etwa davon die Rede, dass iPhones künftig einzelne Aufgaben selbsttätig im Hintergrund durchführen können oder dass das Gerät je nach Kontext passende Informationen anbietet.

Unsicherheitsfaktoren

Die Wahl von Google als Partner hätte für Apple einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: Man könnte die bestehende Partnerschaft rund um die Voreinstellung der Google-Suche einfach erweitern. Gleichzeitig zeigt dieser Punkt aber auch, dass es noch einen anderen Faktor gibt, den die Firmen in ihren Verhandlungen erwägen müssen: Bei den Wettbewerbsbehörden könnte eine Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen Apple und Google sehr schlecht ankommen. Bereits der aktuelle Suchmaschinendeal stand zuletzt zunehmend im Fokus der Regulatoren.

Im Vergleich zu anderen IT-Größen hat sich Apple bislang sehr zurückhaltend im Hinblick auf die Nutzung von generativer KI gegeben. So betonte Firmenchef Tim Cook noch im Vorjahr, dass es bei Tools wie ChatGPT eine Fülle von Problemen gibt, die es auszuräumen gelte, bevor man diese weiter einsetzen kann. Angesichts des wachsenden Drucks von Investoren hat sich diese Perspektive mittlerweile aber offenbar geändert. Cook betonte vor einigen Wochen, dass Apple noch dieses Jahr zahlreiche "transformative KI-Features" für das iPhone einführen werde, mit denen man "Neuland betreten" werde. (Andreas Proschofsky, 18.3.2024)