Das Bild zeigt Windows 11
Windows-Nutzer werden dieser Tage von einer aufdringlichen Kampagne Microsofts "überrascht".
Microsoft

Microsoft kann es einfach nicht lassen. Auch wenn die Zahlen klar belegen, dass Nutzerinnen und Nutzer trotz Wahlfreiheit kein Interesse daran haben, ihre bevorzugte Suchmaschine zu wechseln, will man sich Google nicht geschlagen geben. Die Verzweiflung muss groß sein, wenn man dafür zu Dark Patterns greift: Mit einer Pop-up-Anzeige unter Windows 10 und 11 will man dieser Tage erneut vom Marktführer weg zur eigenen Suchmaschine locken – und sorgt damit weitgehend nur für eins: verunsicherte und verärgerte Nutzer.

Die Anzeige ist speziell auf Personen ausgelegt, die Google Chrome verwenden und Google als Standardsuchmaschine eingestellt haben. Die Werbebotschaft in der unteren Bildschirmecke lockt Nutzer mit dem Angebot, das KI-Tool GPT-4 kostenlos auf Chrome verwenden zu können, und hebt speziell den Zugang zu "Chatrunden mit Bing AI" hervor. Nimmt man das Angebot an und klickt auf "Ja", legt man (unwissentlich) Bing als Standardsuchmaschine fest und fährt mit der Installation des Bing-Dienstes fort.

Keine Malware, nur schlechte Werbung

Da die Anzeige niedrig aufgelöst zu sein scheint und auch sonst keinen professionellen Eindruck erwecken dürfte, gingen viele Nutzer zunächst davon aus, dass es sich dabei überhaupt um Malware handeln könnte. Auf Nachfrage von Bleeping Computer stellt Microsoft aber klar, dass die Pop-ups tatsächlich Teil einer Kampagne sind.

Das Unternehmen erklärte, dass die Absicht hinter dieser einmaligen Benachrichtigung darin bestand, den Nutzern die Möglichkeit zu geben, Bing als Standardsuchmaschine in Chrome zu verwenden. Microsoft betonte die Wahlfreiheit der Nutzer und versicherte zudem, dass es eine Möglichkeit gebe, die Benachrichtigung dauerhaft zu deaktivieren, wenn man nicht an einem Wechsel interessiert ist.

Ein Affentheater aus Pop-ups

Ein detaillierter Bericht von Windows Latest gibt Aufschluss über den irrsinnigen Ablauf, der durch das bestätigende Anklicken des "Ja" ausgelöst wird. Die Aktion führt zunächst zur manuellen Installation der Erweiterung "Microsoft Bing Search for Chrome", wodurch die Standardsucheinstellungen für die Adressleiste und neue Tabs so geändert werden, dass Bing gegenüber anderen Suchmaschinen bevorzugt wird.

Der Chrome-Browser, der für seine robusten Sicherheitsmaßnahmen bekannt ist, enthält allerdings eine Funktion, die nichtautorisierte Änderungen durch "bösartige" Erweiterungen verhindert – einschließlich solcher, die versuchen, die Standardsuchmaschine des Nutzers zu übernehmen. Werden solche Änderungen erkannt, fragt Chrome den Nutzer seinserseits, ob er die neuen Einstellungen beibehalten möchte.

Um den Nutzer davon zu überzeugen, die Änderung beizubehalten, reagiert die Bing-Erweiterung aber wiederum mit einer Meldung, die den Nutzer auffordert, die Rückkehr zu den ursprünglichen Einstellungen zu überdenken. Sie warnt davor, dass ein Zurückschalten zum Verlust der Bing-Suchfunktionen und des Zugriffs auf exklusive Inhalte führen würde, und ermutigt die Nutzer, ihre Einstellungen beizubehalten.

Es ist nicht vorbei

Die aktuelle Kampagne ist nicht der erste Versuch von Microsoft, seine Dienste mit Desktop-Anzeigen zu bewerben. Im Lauf des Vorjahrs wurde schon eine ähnliche Strategie eingesetzt, um den Bing-Chat ins Rampenlicht zu rücken. Der anhaltende Wettbewerb zwischen Google und Microsoft wird mit Sicherheit auch fortbestehen, da natürlich beide Unternehmen an einer Vorherrschaft über Internetdaten, über Surfgewohnheiten der Nutzer und über den Bereich der digitalen Werbung interessiert sind. Es wäre allerdings wünschenswert, wenn man diesen Wettbewerb über die Qualitätsverbesserungen des Produkts austragen würde oder über einen anderen innovativen Zugang – jedenfalls nicht über dubiose, billige Werbetricks (bbr, 18.3.2024)