Wien – Die Journalist:innengewerkschaft schlägt Alarm. Sie sieht den Qualitätsjournalismus mittlerweile in einer existenzbedrohenden Lage. Auf die Probleme in der Bauwirtschaft habe die Politik überraschend schnell reagiert, eine andere Baustelle werde jedoch sträflich vernachlässigt: "Die österreichischen Medien befinden sich in einer strukturellen Krise, zusätzlich befeuert durch die Auswirkungen von Krieg und hohen Papierpreisen", heißt es in einer Aussendung.

Die Journalist:innengewerkschaft fordert etwa eine Vertriebsförderung und die steuerliche Absetzbarkeit von Zeitungsabos.
Die Journalist:innengewerkschaft fordert etwa eine Vertriebsförderung und die steuerliche Absetzbarkeit von Zeitungsabos.
IMAGO/Zoonar.com/Erwin Wodicka -

"Bisherige Maßnahmen haben nicht dazu beigetragen, die Branche nachhaltig abzusichern", lautet der Befund von Eike-Clemens Kullmann, Vorsitzender der Journalist:innengewerkschaft in der Gewerkschaft GPA. "Medien und der leistbare Zugang zu Medien sind in einer freien Gesellschaft unverzichtbar."

Bündel an Maßnahmen

Gemeinsam mit seiner Stellvertreterin Ute Groß möchte Kullmann einen "Diskurs über die nachhaltige Absicherung von Medienunternehmen starten und der Bundesregierung ihre Verantwortung vor Augen führen". Kritischer Journalismus sei eine tragende Säule einer funktionierenden Demokratie. Er liefere qualitätsgesicherte Informationen über politische Inhalte sowie kulturelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen und fungiere als Kontrollinstanz, um Missstände aufzudecken. Die Medienbranche leide derzeit unter den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, was dazu führe, dass die Zahl der Journalistinnen und Journalisten aufgrund von Sparpaketen dramatisch sinke.

"Die Gesellschaft und in deren Vertretung der Staat ist daher dringend gefordert mitzuhelfen, die demokratiepolitische Aufgabe der Qualitätsmedien nicht nur zu erhalten, sondern sogar auszubauen", sagt Kullmann.

Nachschärfen der Qualitätskriterien

Um dies zu erreichen, könne das erst vor wenigen Wochen beschlossene Qualitätsjournalismus-Förderungsgesetz daher nur ein erster, durchaus richtiger Schritt sein. "Die darin festgeschriebenen 15 Millionen Euro, die nach bestimmten Qualitätskriterien vergeben werden, müssen massiv aufgestockt werden – die Qualitätskriterien für die Vergabe der Förderungen müssen zudem deutlich nachgeschärft werden."

Steuerliche Absetzbarkeit

Groß möchte auch Leserinnen und Leser entlastet sehen: "Die extreme Verteuerung des gesamten Lebens führt dazu, dass sich viele Menschen ein Zeitungsabo nicht mehr leisten können. Der Bezug einer Tageszeitung in einem Haushalt sollte daher steuerlich absetzbar sein", fordert Groß. "Der Zugang zu Information auf Basis von Qualitätsjournalismus ist ein wesentlicher Bestandteil demokratischer Teilhabe."

Senkung der Mehrwertsteuer

Notwendig sei weiters die Senkung der Mehrwertsteuer für alle Qualitätsmedien, wie dies bereits während der Corona-Pandemie der Fall war, so die Journalist:innengewerkschaft. Darüber hinaus bedürfe es einer deutlich erhöhten Vertriebsförderung, betonen Groß und Kullmann: "Die Bevölkerung in ländlichen Regionen hat ein Recht auf journalistische Nahversorgung, auch in Form der gedruckten Zeitung. Nicht nur, aber speziell ältere Bevölkerungsgruppen sehen darin ihre Informationsquelle erster Wahl."

100 Millionen Euro Vertriebsförderung

Diese Vertriebsförderung – Kullmann spricht hier von mindestens 100 Millionen Euro – müsse dann aber selbstverständlich an "klare Kriterien" gebunden sein. "Es kann nicht sein, dass Austräger mit Hungerlöhnen abgespeist werden und daher kaum noch zu finden sind", sagt Kullmann. Die Alternative, also die Zustellung durch die Post, sei zudem keine mehr. "Die Post wird ihrem Versorgungsauftrag in vielen Gemeinden leider längst nicht mehr gerecht."

Qualitätskriterien für Förderung

"In Summe braucht es ein Bündel an Maßnahmen, das den Medienunternehmen längerfristig Planungssicherheit garantiert und die Weiterentwicklung des Informationsangebots auf allen Darstellungsformen ermöglicht. Selbstredend sind alle Förderungen an Qualitätskriterien zu koppeln, dazu zählen die Unantastbarkeit des Journalistengesetzes, Redaktionsstatute, die ganz klar definierte Rechte der Journalistinnen und Journalisten beinhalten, die Anerkennung des Presserats und damit verbunden der journalistische Ehrenkodex, Journalisten-Kollektivverträge sowie journalistische Aus- und Weiterbildung", so Groß und Kullmann in der Aussendung. (red, 18.3.2024)