Bobby Kotick wollte in seinem Unternehmen eine "Kultur der Angst" aufbauen, wie er selbst sagt. Er wurde nicht zuletzt durch den Vorwurf, er habe sexuelle Belästigung geduldet, für Microsoft untragbar.
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Robert "Bobby" Kotick ist einmal mehr auf Einkaufstour. Diesmal hat der 61-jährige New Yorker sein Auge auf eine ganz große Plattform geworfen. Nichts weniger als Tiktok will Kotick übernehmen, sollte das Mutterunternehmen Bytedance die populäre Videoplattform tatsächlich in den USA verkaufen müssen.

Einkaufen, das kann Kotick. Kurz nachdem er auf Anraten von Apple-Gründer Steve Jobs seine College-Ausbildung an der University of Michigan abgebrochen hatte, wollte er den Heimcomputer-Hersteller Commodore International übernehmen und das erfolgreiche Modell Amiga 500 modifizieren, Laufwerk und Keyboard entfernen und eine Spielkonsole daraus machen. Commodore-Chef Irving Gould fand Kotick nicht überzeugend genug, der Deal kam nicht zustande.

Drei Jahre später erwarb Kotick ein Viertel des beinahe bankrotten Software- und Spieleherstellers Activision. Er sanierte das Unternehmen, feuerte 142 von 150 Angestellten und ließ Spiele extern entwickeln. Der Erfolg gab ihm recht, bald folgten weitere Einkaufstouren. Activision übernahm Studios am laufenden Band.

Doch Kotick hatte nie genug. Er wollte die Branche und seine eigenen Spiele "ausbeuten", wie er sagt. Der CEO holte Manager aus der Konsumgüterindustrie, um aus Spielen gewinnbringende Brands zu machen. Entwickler beraubte er jeglicher Macht. "Das Ziel war es, den Spaß an der Entwicklung von Videospielen zu nehmen", sagt Kotick selbst über sein Businessmodell. Er wolle eine Kultur der Angst aufbauen, erklärte er während einer Technologiekonferenz im Jahr 2009.

Jon Schafer, einer der angesehensten Videospielentwickler, hatte von Koticks Führungsstil die Nase voll. Er nannte den Activision-CEO öffentlich "ein totales Arschloch".

Ein gesichtswahrender Ausweg

Kotick störte das nicht. Genauso wenig wie die Vorwürfe der sexuellen Belästigung, die in seinem Unternehmen an der Tagesordnung gewesen sein soll. Jahrelang soll der geschiedene Vater dreier Töchter davon gewusst, aber nicht reagiert haben. Als Microsoft die 68,7 Milliarden Dollar schwere Übernahme von Activision bekanntmachte, kamen neue Vorwürfe ans Licht: Kotick hatte seiner Assistentin offenbar gedroht, er werde sie umbringen. Recht bald war klar: Einer wie Kotick hat keinen Platz unter dem Dach von Microsoft. Mit Ende 2023 verließ der meistgehasste Mann der Spielbranche das Unternehmen gesichtswahrend.

Laut einem "Forbes"-Artikel spielt Kotick gar keine Videospiele, obwohl er sein Leben in der Branche verbracht hat. Ob Kotick Tiktok benutzt, ist nicht überliefert. (Peter Zellinger, 19.3.2024)