Unfassbare 35 Millionen Touristen haben Rom im Jahr 2023 besucht. Das ist ein neuer Allzeitrekord, mit dem die italienische Hauptstadt nicht allein dasteht. Der Städtetourismus feiert in Europa gerade ein fulminantes Comeback. Das Unerfreuliche daran: Dort, wo eh schon viele Menschen sind, wollen meist noch mehr hin. London, Paris, Barcelona sowie Madrid, Amsterdam und Berlin finden sich neben Rom aktuell alle in den Top Ten der meistbesuchten Städte.
Sollte man dieses Ostern also vielleicht einmal etwas völlig Verrücktes tun und nicht nach Rom reisen? Namhafte Reiseverlage raten dazu, sich kleinere Städte anzusehen, weil das nicht nur entspannter ist für ein Wochenende, sondern meist auch günstiger. Obendrein sind die interessantesten Dinge in vielen Städten kostenlos. Ein Überblick über zehn Alternativen zu Ostern.
1. Straßburg
Einmal abgesehen davon, dass Straßburg auch wunderbar mit dem Nachtzug erreichbar ist und sich zu einer bedeutenden Metropole für zeitgenössische Kunst gemausert hat: Das Zentrum Grande-Île ist Weltkulturerbe und bietet neben dem beeindruckenden Dom zu Straßburg und den engen Gassen, Fachwerkhäusern und Kanälen im Viertel La Petite France ideale Ort zum gemütlichen Flanieren. Unbedingt auch besuchen: den Vauban-Staudamm wegen des schönen Blicks auf die Brücken und Türme der Stadt und das repräsentative Aubette-Gebäude an der Place Kléber.
2. Funchal
Laue 21 Grad erwarten einen durchschnittlich im April auf der Insel Madeira. Ideale Temperaturen für eine Hauptstadtwanderung zum Monte, auf den Faule mit der Seilbahn fahren. Von dort geht’s bergab zum Mercado dos Lavradores, den lokalen Bauernmarkt, und durch die Rua de Santa Maria, die für ihre Street-Art bekannt ist. Fortgeschrittene Sparefrohs haben längst herausgefunden, dass viele Kellereien kostenlose Verkostungen des berühmten Madeiraweins anbieten.
3. Marrakesch
Während rund um den Jahreswechsel die Hölle los ist in Marokkos touristischem Hotspot, lässt sich der Djemaa-el-Fna-Platz im Frühling schon wesentlich entspannter erkunden. Der zentrale Marktplatz der Medina mit seinen Händlern, Gauklern, Schlangenbeschwörern und den vielen Streetfoodständen verliert dann etwas von seiner Aufgekratztheit und kann in Ruhe genossen werden. Die Gärten von Menara sind dagegen fast immer ein friedlicher Ort zum Entspannen, den mehrheitlich Einheimische wegen des hübschen Pavillons und des Sees aufsuchen. Eine tolle Alternative zum bekannten Markt auf dem Hauptplatz ist der Basar am Rahba-Kedima-Platz, einer der beschaulicheren Souks in Marrakesch.
4. Split
Der Nachtzug von Bratislava nach Split fährt zum Glück über Wien und spuckt Frühlingssonnenhungrige in einer kroatischen Hafenstadt aus, deren Altstadt zu dieser Zeit ungewöhnlich beschaulich ist. Dazu gehört auch der sonst völlig überlaufende Diokletianpalast, eines der am besten erhaltenen Denkmäler römischer Baukunst der Welt. Auch am Riva-Hafen kommt man dann entlang der Uferpromenade ohne größere Staus voran.
5. Ljubljana
Wer weniger weit fahren muss, hat bei seinem Städtetrip mehr Zeit herumzugehen. In der slowenischen Hauptstadt sollte man dabei keinesfalls die vielen Brücken auslassen. Sowieso nicht die Tromostovje, die Drei Brücken als Wahrzeichen von Ljubljana, eine ziemlich außergewöhnliche Konstruktion, aber auch nicht die Drachenbrücke, ein weniger bekanntes Beispiel für die Wiener Secession. Danach kann es entspannt immer entlang am Ljubljanica-Kanal gehen, der mitten durch die Stadt verläuft, und – bei entsprechender Kondition – noch quer durch den Tivoli-Park.
6. Gmunden
Darf’s noch ein bisserl näher sein? Dann wollen wir im Kulturhauptstadtjahr eine Alternative zum Epizentrum Bad Ischl vorschlagen. Rund um Gmunden lockt heuer nicht nur die Natur etwa in Form des Traunsees, der Laudachseen oder auf dem Baumwipfelpfad Salzkammergut, sondern auch ein feines Kunstprojekt: Im Herzen der Stadt liegt die ehemalige Stadtgärtnerei. Aktuell nicht genutzt, ist das Containerensemble Kunstquartier Gmunden gerade Ausstellungsraum, Werkstätte, Artist-in-Residence-Areal, Veranstaltungsfläche und Erholungsraum.
7. Neapel
Einfach gehen ist auch am Fuße des Vesuvs der richtige Zugang. Rauf aufs Castel dell’Ovo, von dem man einen wunderschönen Blick auf das Meer und die Stadt genießt, oder alternativ zum Virgiliano-Park auf dem Posillipo-Hügel mit Fernsicht über den gesamten Golf und seine Inseln. Überall in der Stadt lohnt es, mit offenen Augen den Graffitis zu folgen – etwa jenen mit Diego Maradona, dem in Neapel noch immer als Fußballgott gehuldigt wird. In den Stationen der Metrò dell’Arte sind zudem Werke bekannter Gegenwartskünstler wie in einem öffentlichen Museum unter der Erde zu bestaunen. Empfehlenswert sind die Stazione Toledo, Dante und Museo am archäologischen Museum.
8. Bilbao
Die Gefahr, im spanischen Baskenland viel Geld für gutes Essen auszugeben, ist hoch. Wie gut, dass man auf den La-Ribera-Markt, den größten überdachten Markt Europas, auch einfach nur zum Schauen kommen darf. Wenn man dann trotzdem noch sparen muss und nicht einmal der Eintritt fürs Guggenheim-Museum Bilbao drinnen ist: Die beeindruckende Architektur kann man auch draußen bewundern, die Skulptur Puppy vor dem Museum ist ein Highlight.
9. Cluj-Napoca
Nur wenige verirren sich nach Cluj-Napoca im Westen Siebenbürgens, was schon einmal der erste Fehler ist. Der zweite wäre, die wirklich besondere Altstadt nicht über das Radwegenetz zu erkunden, das für Rumänien ungewöhnlich gut ausgebaut ist. Aber das Rad dafür gibt’s ja auch nicht kostenlos, werden manche nun einwenden. Doch, Cluj Bike ist ein EU-gefördertes Stadtrad, mit dem man hier gratis etwa vom zentralen Avram-Iancu-Platz aus auch entlang des Flusses Someșul Mic gemütlich dahinradeln kann.
10. Utrecht
Amsterdam? Ist trotz unzähliger Maßnahmen gegen Massentourismus zumindest bislang noch kein "verträumtes Fischerdörfchen" am IJsselmeer geworden. Wie fein, dass der aus Wien kommende Nachtzug schon vorher in Utrecht haltmacht. Dort gibt es noch Grachten wie die zentrale Oudegracht, wo die Atmosphäre der Stadt im Frühling in relativer Ruhe genossen werden kann. Apropos holländische Frühlingsboten: Immer am Samstag gibt es einen herrlichen Blumenmarkt auf dem Janskerkhof, die Blumenzwiebeln eignen sich sogar als Souvenir. Nur ein paar Straßen weiter auf der Breedstraat findet der ebenso bunte Stoffmarkt von Utrecht statt. (Sascha Aumüller, 17.3.2024)