Verlassene Berggipfel, friedvolle Täler, ruhige Klöster: Das sind Bilder, mit denen Nepal beworben wird. Weniger beschaulich geht es derzeit rund die Wiener Mini-Ausgabe des südasiatischen Staats zu: das Lokal Yak & Yeti in Mariahilf, das sich als Gaststätte und Zentrum für die nepalesische Community und Kultur versteht. Die Räumlichkeiten in der Hofmühlgasse 21 sind voll mit Kunst- und Alltagsgegenständen aus Nepal, serviert werden unter anderem gefüllte Teigtaschen (sogenannte Momos), gegessen werden kann (wie in Nepal üblich) auf dem Boden sitzend, regelmäßig gibt es Vorträge, Filmabende und andere Veranstaltungen.

Die Frage ist allerdings: Wie lange noch? Um das Lokal ist ein heftiger Streit entbrannt, der in einer Räumungsklage gegen Yak & Yeti und Vorwürfe der Immobilienspekulation gegen die Eigentümer gipfelt. Steht das Lokal nun vor dem Aus? Und worum geht es in dem Konflikt?

Klein-Nepal: Der Innenhof von Yak & Yeti ist mit Gebetsmühlen und Gebetsfahnen dekoriert.
Stefanie Rachbauer

Gäste und Fans sind jedenfalls besorgt. Einige von ihnen haben Unterstützungserklärungen verfasst – darunter auch die prominente Extrembergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner. "Das wunderbare nepalesische Restaurant" sei aus Wien nicht mehr wegzudenken, schreibt sie. "Ich bitte und hoffe sehr, dass dieses Kulturrestaurant weiterhin bestehen darf."

Zusätzlich wurden laut den Betreibern mehr als 800 Unterschriften für den Erhalt gesammelt, die Liste soll als Petition an den Gemeinderat eingereicht werden. Investoren würden versuchen, Altmieterinnen und Altmieter – darunter Yak & Yeti – loszuwerden, um das Haus zu Luxusobjekten umzubauen, heißt es im Petitionstext. Die Stadt sei aufgefordert "im Sinne des Erhalts der kulturellen Vielfalt" und "zum Erhalt leistbaren Wohnraums Maßnahmen zu setzen und der Immobilienspekulation einen Riegel vorzuschieben."

Mahnung, Angebot, Klage

Das erinnert an einen Fall vor rund drei Jahren: Da sperrte der Ungar Grill in der Burggasse im siebenten Bezirk zu, nachdem Investoren das zugehörige Haus gekauft hatten und dort Wohnungen haben wollten anstelle eines großen Lokals. Wer in solchen Fällen "gut" oder "böse" ist, ist oft schwer zu beurteilen. Fest steht aber: Sie erzählen etwas über das Spannungsverhältnis zwischen den Bedürfnissen von Gastronomie, Wohnenden, Hausbesitzerinnen und Liegenschaftseigentümerinnen im begrenzten Raum einer Stadt.

In der Hofmühlgasse 21 tat sich dieses Dreieck vor fünf Jahren auf. Da erhielten die Betreiber, Raj Shrestha und Kanchha Gurung, einen Beschwerdebrief von der Hausverwaltung: Seitens des Lokals seien Stiegenhäuser und Lichthöfe mit Gegenständen zugestellt worden, obwohl Lagerflächen zur Verfügung stünden. Und: Da die Küchentüre "ständig offensteht", sei das Stiegenhaus von einem klebrigen Film überzogen. Yak & Yeti habe beides zu unterlassen. 2021 kam dann eine Mail von der Hausverwaltung – mit einem Angebot: 70.000 Euro dafür, dass die Betreiber ihren im Jahr 2000 abgeschlossenen, unbefristeten Mietvertrag für rund 230 Quadratmeter Nutzfläche aufgeben. Diese lehnten ab: Die Summe sei zu gering gewesen, um sich anderswo ein gleichwertiges Lokal leisten zu können.

Seit 2000 ist das Yak & Yeti in der Hofmühlgasse 21 eingemietet.
Stefanie Rachbauer

Im Jänner 2023 eskalierte die Situation: Eine Räumungsklage wurde eingebracht – von der Versorgungsanstalt des österreichischen Notariats (VAN). Diese war damals Eigentümerin des Hauses, was sich aber ändern sollte. Eine Maklerin sei damit beauftragt worden, die Liegenschaft zu veräußern, heißt es in der Klage. Durch Yak & Yeti sei der Verkauf erschwert worden: Die ab 2018 nachweisbare Lagerung von Gegenständen wie Ölkanistern, Kartonagen, Papierrollen und Müllsäcken auf allgemeinen, nicht gemieteten Flächen und die Gerüche aus der Küche hätten Besichtigungstermine verunmöglicht sowie Interessentinnen und Interessenten in ihrer Kaufentscheidung "negativ beeinflusst", wird ausgeführt.

Für die Yak-&-Yeti-Betreiber sind das Unterstellungen. Ja, man habe Gegenstände auf dem Gang gelagert – aber nur temporär, sagen sie dem STANDARD. Irgendwo müsse man zum Beispiel Lieferungen abstellen, wenn sie ankommen. Dass Müll herumstehe, sei ebenso wenig im Interesse des Lokals wie in jenem der Eigentümerin. Man wolle Yak & Yeti schlicht aus dem Haus haben.

Haus wurde verkauft

Der Anwalt der VAN bleibt auf Anfrage bei den in der Klage angeführten Argumenten – und legt Beweisfotos vor. Das Verhalten der Lokalbetreiber sei "immer exzessiver" geworden, Brandschutzvorgaben seien verletzt worden. "Nach ständiger Rechtsprechung ist der Vermieter zur Vertragsauflösung berechtigt, wenn der Mieter nicht mitvermietete Flächen wiederholt in Anspruch nimmt", betont er. Zum Vorwurfs des Hinausekelns äußern sich weder Anwalt noch VAN.

Momos kann man im Yak & Yeti nicht nur essen, sondern auch selbst zubereiten: im Rahmen von Kochkursen.
Stefanie Rachbauer

Ob die Hofmühlgasse 21 – wie in der Petition befürchtet – in Luxuswohnungen umgebaut werden soll, ist unklar. Das ist nicht mehr Sache der VAN: Sie führt nur noch die Räumungsklage zu Ende, hat ansonsten aber nichts mehr mit dem Haus zu tun. Denn im Mai 2023 ist es gelungen, das Haus zu verkaufen: laut Vertrag um 5,14 Millionen Euro, an die GR Hofmühlgasse 21 GmbH. Zum damaligen Zeitpunkt gab es dort insgesamt 15 Mietverhältnisse und elf Leerstände. Geschäftsführerin der GR Hofmühlgasse 21 GmbH ist laut Firmenbuch Tina Kuhn, Firmensitz ist die Kopfgasse 9 in Hietzing. Kontaktdaten sind allerdings nur von der ebenfalls dort ansässigen Kuhn Immobilien GmbH zu finden, die eine Anfrage des STANDARD unbeantwortet lässt.

Vor Gericht geht der Streit im Sommer in die nächste Runde. Vergangene Woche seien bei einer Verhandlung mehrere Zeugen befragt worden, teilt der VAN-Anwalt mit. Allerdings seien die Einvernahmen nicht abgeschlossen worden, das werde bei einem weiteren Termin im Juli nachgeholt. (Stefanie Rachbauer, 25.3.2024)