Werden in Österreich Gesetzesänderungen oder andere neue Regelungen vorgeschlagen, so geht es meist um mehr Strenge. Das ist etwa bei den Plänen von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) für ein generelles Waffenverbot der Fall, das er nach mehreren spektakulären Kriminalfällen ins Spiel brachte. Der Plan wird derzeit intensiv diskutiert.

Das war auch Ende vergangenen Jahres so, als aus Oberösterreich der Ruf nach einer Arbeitspflicht für Asylwerbende erschallte, der die Innenpolitik in der Folge wochenlang heimsuchte.

Waffenverbotsschild auf dem Wiener Praterstern: An exponierten Plätzen erfüllen derlei Auflagen ihren Zweck.
Waffenverbotsschild auf dem Wiener Praterstern: An exponierten Plätzen erfüllen derlei Auflagen ihren Zweck.
Foto: APA/Eva Mnhart

Solche Verschärfungspläne haben einen realpolitischen Hintergrund: Politiker versuchen, in Zeiten vielfältiger Herausforderungen und Bedrohungen Lösungskompetenz zu zeigen. Dabei schießen sie aber immer wieder über das Ziel hinaus. Viele Vorschläge sind nur schwer oder gar nicht umsetzbar, solange die Republik sich als Rechtsstaat versteht. Oft gibt es verfassungsrechtliche Einwände, die nicht von der Hand zu weisen sind.

Im Widerspruch zu Menschenrechten

Beide oben genannten Forderungen nämlich haben etwas gemeinsam: Sie spießen sich mit der Europäischen Menschenrechtskonvention, die in Österreich Verfassungsrang besitzt. Beim Waffenverbot sind die Personenkontrollen das Problem, ohne die die Regelung zahnlos wäre. Bürger und Bürgerinnen anlasslos zu durchsuchen, weil sie möglicherweise ein Messer mit sich führen, wäre überschießend.

Bei der Asylwerber-Arbeitspflicht wiederum ist es das Element des Zwangs: Zwangsarbeit ist menschenrechtlich verboten. Folgerichtig verschickte das Innenministerium im März einen Verordnungsentwurf, der Asylwerbenden keine Jobpflicht, sondern vielmehr ausgeweitete Möglichkeiten eröffnen soll, freiwillig gemeinnützig tätig zu sein.

Das Beispiel zeigt: Menschenrechte setzen Grenzen, schützen vor Willkür und rücken das Recht des Einzelnen ins Zentrum, egal ob es sich um einen In- oder Ausländer handelt. Der Respekt vor ihnen unterscheidet einen Rechtsstaat von autoritären oder diktatorischen Regimen.

Sympathien für blauen "Asylstopp"

Leider gibt es auch hierzulande Bestrebungen, diese Grenzen einzureißen. Notorisch ist das bei der FPÖ. Die Interessen "illegaler Einwanderer" seien der ÖVP "wichtiger als jene der Österreicher", reagierte FPÖ-Chef Herbert Kickl, nachdem das Innenministerium die Asylwerber-Arbeitspflicht abgesagt hatte. Die FPÖ peilt, so sie an die Macht kommt, einen "Asylstopp" in der "Festung Österreich" an. Das wäre ein Bruch mit den EU-Richtlinien und der Genfer Flüchtlingskonvention. Österreich würde damit in einer Liga mit Viktor Orbáns fremdenfeindlichem Regime in Ungarn spielen.

Sympathien für derlei Positionen gibt es über die FPÖ hinaus, vor allem inoffiziell und nicht nur in der ÖVP. Offen werden sie etwa von der türkisen Hardlinerin Laura Sachslehner vertreten. Natürlich müsse die Menschenrechtskonvention überdacht werden, sagt sie. Auch seien die Herausforderungen der heutigen Zeit nicht bedacht worden, als die Flüchtlingskonvention geschrieben wurde.

Gegen leeren Populismus

Damit qualifiziert sich Sachslehner vielleicht für eine nächste türkis-blaue – oder blau-türkise – Regierung. Wer eine solche Konstellation hingegen ablehnt – und das ist auch in der ÖVP so mancher und so manche –, sollte sich bemühen, Blamagen mit leeren populistischen Verschärfungsforderungen zu verhindern. So etwas schadet im Endeffekt nur. (Irene Brickner, 18.3.2024)