Der Plan von Martin Kocher, die heimische Arbeitslosenversicherung umzukrempeln und ein degressives Arbeitslosengeld einzuführen, ist bekanntermaßen am Widerstand der Grünen gescheitert. Nun unternimmt der türkise Arbeits- und Wirtschaftsminister einen neuen, kleineren Anlauf für eine Reform: Diesmal ist das Ziel, die Bildungskarenz umzubauen.

Bald soll ein Vorschlag aus dem Ministerium kommen. Die Zielrichtung des Vorstoßes, soweit bisher erkennbar, ist sinnvoll. Die ÖVP will höhere Zugangshürden zum Weiterbildungsgeld einziehen. Die Grünen sollten sich dem nicht verwehren – sondern selbst Forderungen in den Prozess einbringen.

Denn die Bildungskarenz gehört tatsächlich reformiert. Laut Zahlen des AMS haben sich die Kosten dafür seit 2020 verdoppelt. Inklusive der Beiträge zur Sozialversicherung, die das AMS bezahlt, belaufen sich die Ausgaben für das Weiterbildungsgeld inzwischen auf mehr als eine halbe Milliarde Euro pro Jahr. Zur Einordnung: Dem AMS steht für alle anderen Kurse, Stipendien und Weiterbildungsangebote weniger als eine Milliarde zur Verfügung.

Besonders bei Akademikern ist die Bildungskarenz beliebt.
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Nun darf Arbeitsmarktpolitik ruhig teuer sein. Die Idee hinter all den Angeboten ist ja immer die gleiche: in die Ausbildung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu investieren. Das soll dafür sorgen, dass sie am Jobmarkt besser zurechtkommen, also seltener und kürzer arbeitslos sind. Das spart nämlich langfristig Geld aus Sicht der Versicherungsgemeinschaft.

Das Problem ist bloß: Die Bildungskarenz, so wie sie aktuell aufgesetzt ist, erfüllt diesen Zweck nicht.

Neue Verteilung beim Weiterbildungsgeld

Ein großer Teil der Menschen, die Weiterbildungsgeld beziehen, ist bereits gut qualifiziert, oft sind es Akademiker, die sich eine Auszeit nehmen. Das mag für die persönliche Entwicklung wichtig sein. Aber es besteht kein Grund, dass dafür alle Versicherten aufkommen. Die Arbeitslosigkeit unter Höherqualifizierten ist in Österreich extrem niedrig. Diese Leute brauchen in vielen Fällen – einfach formuliert – keine Bildungskarenz, um am Jobmarkt bestehen zu können. Ganz anders ist das bei Menschen, die über den Pflichtschulabschluss hinaus kaum über eine weitere Ausbildung verfügen. Fast jeder Fünfte von ihnen sucht derzeit einen Job. In diese Menschen zu investieren macht arbeitsmarktpolitisch tatsächlich Sinn. Denn die Chancen stehen gut, dass höhere Ausgaben in Qualifikationen mit niedrigeren Kosten für Arbeitslosigkeit einhergehen.

Was folgt also daraus? Die Zugangshürden zum Weiterbildungsgeld für bereits gut ausgebildete Menschen gehören erhöht. Auch sollte eingeschränkt sein, welche Ausbildungen auf Kosten der Versicherung absolviert werden können. Das ist nicht trivial in der Umsetzung, sollte aber versucht werden. Die Grünen lehnen das ab. Das wirkt so, als würden sie diesmal vor allem die Pfründen ihrer Klientel, der gut ausgebildeten Akademiker, verteidigen wollen. Das macht eigentlich sonst immer die ÖVP bei ihren Zielgruppen, also Landwirten und Unternehmern. Hier sollte der kleine Koalitionspartner aber mitgehen und selbst Verbesserungen bei der Bildungskarenz für die erwähnten Niedrigqualifizierten fordern. Das könnte bedeuten, diesen Menschen beispielweise deutlich mehr Geld im Falle einer Bildungskarenz anzubieten, damit die Sache auch für sie interessant wird. Es hieße auch mehr Beratung. Das kostet Geld. In Summe gehören die Vorteile der Bildungskarenz anders verteilt, statt das Modell abzuschaffen. Ob die ÖVP bei einer solchen Reform, die nicht allein auf strengere Regeln setzt, mitgeht, bleibt abzuwarten. Zu oft verfällt die Volkspartei in das ideologische Schema, wonach jedes neue Angebot für Arbeitslose eine Einladung in die Hängematte ist. (András Szigetvari, 14.3.2024)