Neubauten auf einem Feld, mit Kränen im Hintergrund.
Die meisten Banken drängen auf eine Abschaffung oder Aufweichung der KIM-Verordnung. Am Dienstag tagte das Gremium, das Änderungen veranlassen wird.
Imago/Christoph Hardt

Am Dienstag wurde es wieder spannend in Sachen der sogenannten KIM-Verordnung. Sie legt ja fest, unter welchen Umständen Banken ihren Kundinnen und Kunden Kredite für die Schaffung von Wohnraum einräumen dürfen. Am Vormittag tagte jenes Gremium, das der Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA diesbezüglich Empfehlungen geben kann (die diese umsetzen muss), das Finanzmarkstabilitätsgremium (FMSG).

Die wesentlichen Inhalte der seit August 2022 geltenden, von der FMA erlassenen Verordnung: maximale Beleihungsquote von 90 Prozent, Rückzahlungsrate bis zu 40 Prozent des monatlich verfügbaren Haushaltsnettoeinkommens, und die Höchstlaufzeit des Kredits darf 35 Jahre nicht überschreiten. Den Banken stehen aber diverse Ausnahmekontingente zur Verfügung, sie hängen von der jeweiligen Größe der Bank ab. Und genau da wird es nun Änderungen geben, das beschloss das FMSG in seiner 40. Sitzung. Die Ausnahmeregelung der Banken wird künftig einheitlich 20 Prozent betragen, die Handhabung für die Banken wird erleichtert. DER STANDARD erfuhr am Dienstagmittag aus Finanzkreisen von der Entscheidung.

Erleichterungen im Detail

Allerdings sind die Erleichterungen im Detail zu suchen. Denn es gibt derzeit zusätzlich zu dem 20-prozentigen Ausnahmekontingent noch jeweils Unterkontingente, wonach auch bei der Beleihungsquote höchstens 20 Prozent, bei der Schuldendienstquote zehn Prozent und bei der Laufzeit nur fünf Prozent unter das Ausnahmekontingent fallen dürfen. Die Regelungen bezüglich der Subkontingente werden künftig entfallen. Wirksam werden die Änderungen nach Informationen der FMA allerdings erst mit 1. Juli 2024.

Mit der Empfehlung, die bisher unterschiedlichen Ausnahmekontingente auf ein gemeinsames Kontingent zu vereinheitlichen, soll den Kreditinstituten mehr Flexibilität eingeräumt werden. "Das ist ein enorm wichtiger Schritt, von dem viele Menschen, die sich ihren Wohntraum erfüllen möchten, profitieren werden", sagt Willi Cernko, Wirtschaftskammerobmann der Bundessparte Bank und Versicherung. Die bisherige Praxis habe gezeigt, dass die Inanspruchnahme der verschiedenen Ausnahmekontingente überaus komplex ist und diese daher nur in eingeschränktem Umfang in Anspruch genommen werden. Die Vereinheitlichung auf ein gemeinsames Kontingent werde den bürokratischen Aufwand bei der Vergabe von Immobilienkrediten deutlich reduzieren. Im Dezember wähnten sie sich ihrem Ziel, eine Erleichterung bei den Ausnahmekontingenten zu erreichen, schon nahe, letztlich setzten sie sich aber nicht durch, das FMSG sah keinen Grund für eine Empfehlung an die FMA.

Banken ließen rund eine Milliarde Euro liegen

Die Banken hatten schon damals gehofft, dass ein einheitliches Ausnahmekontingent von 20 Prozent (bezogen auf das Wohnkreditvolumen des jeweiligen Instituts) geschaffen wird. Dass dem nicht so war, verärgerte die Bankenwirtschaft. Cernko, der auch die Erste Group leitet, bedauerte, dass man die Bürokratie nicht verringert habe, von "massivem Befremden" war bei Vertretern der Branche die Rede. Anfang Jänner gab es zu dem Thema auch eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs: Ein Bankkunde hatte sich an ihn gewendet, die Verfassungshüter stellten aber fest, dass die FMA die Verordnung entsprechend dem Bankwesengesetz erlassen habe, die Voraussetzungen für die Verordnung lägen immer noch vor.

Das FMSG argumentierte bisher immer damit, dass die Banken nicht einmal die vorhandenen Ausnahmekontingente ausnützten, im ersten Halbjahr 2023 hätten sie um 650 Millionen Euro mehr an Krediten vergeben können. Das hat sich auch im zweiten Halbjahr nicht verändert, insgesamt hat die Hälfte der Banken 2023 nicht einmal die Hälfte ihrer Ausnahmekontingente ausgeschöpft. Rund eine Milliarde Euro ist so liegen geblieben. Dazu kommt, dass internationale Institutionen wie der Internationale Währungsfonds und und der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) vor einer Aufweichung der Bestimmungen warnen. Aufgabe des ESRB ist die Früherkennung, Prävention und Bekämpfung von systemischen Risiken auf Europas Finanzmärkten.

Banken und Politik machten Druck

Aus der Bankenbranche ist zu hören, dass die Institute ihre Bemühungen für eine Änderung in den vergangenen Wochen verstärkt hatten. Auch Vertreterinnen und Vertreter der Politik, die sich um die sogenannten Häuslbauer sorgen, sollen sich gemeldet haben; allen voran ist die ÖVP am Thema dran. Der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) etwa wurde von der APA in dem Konnex mit folgendem Satz zitiert: "Da gibt es diese KIM-Verordnung, der Name erinnert nicht ganz zufällig an Nordkorea. Das ist Eigentumsverhinderungsprogramm." Tatsächlich spielen Zinsanstieg und Preiserhöhungen eine große Rolle bei der gesunkenen Nachfrage nach Krediten. Das FMSG, in dem auch Vertreter der FMA, der Nationalbank und des Fiskalrats Sitz und Stimme haben, betont stets seine Unabhängigkeit, man wehre sich gegen Einfluss von außen, wie es dort heißt.

Bei einer Lockerung der KIM-Verordnung befürchtet man negative Reaktionen der Ratingagenturen gegenüber Österreich. Schon im Vorfeld der Sitzung war zu hören, dass Mitglieder des Gremiums, in dem das Finanzministerium die Vorsitzende und ihren Stellvertreter stellt, aber mit einer einheitlichen Regelung der Ausnahmekontingente auf 20 Prozent gut leben können. Dem schloss sich offenbar die Mehrheit an; bei der Entscheidung hat die Vorsitzende ein sogenanntes Dirimierungsrecht, bei Stimmengleichheit entscheidet also ihre Stimme. Das FMSG wird nun eine entsprechende Empfehlung an die FMA erteilen, die die Verordnung dann abändern wird. (Renate Graber, Alexander Hahn, 12.3.2024)