Dass er kommen wird, gilt als sehr wahrscheinlich, wann, ist hingegen noch ungeklärt. Seit Herbst 2021 arbeitet die Europäische Zentralbank (EZB) am sogenannten digitalen Euro und will damit eine Alternative schaffen, um dort bezahlen zu können, wo es mit Bargeld nicht möglich ist – etwa beim Onlineshopping. Außerdem soll so der Dominanz von US-Konzernen wie Visa, Mastercard und Paypal etwas entgegengesetzt werden. Am Dienstag wurde in der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) skizziert, wie es weitergeht.

Zur Erinnerung, was es mit dem Projekt auf sich hat: Der digitale Euro soll eine Digitalwährung sein, die man nutzen kann wie Bargeld. Der E-Euro wird aber nicht auf einem Bankkonto, sondern in einer digitalen Geldbörse aufbewahrt – einer sogenannten Wallet –, etwa auf dem Smartphone oder einer Karte. Sowohl EZB als auch OeNB betonen immer wieder, dass Bargeld nicht abgeschafft und der E-Euro eine Ergänzung werden soll. Die Zahlung soll offline mittels NFC-Chips funktionieren und für Konsumentinnen und Konsumenten kostenlos sein.

Viele Menschen fürchten, dass mit der Einführung des digitalen Euros das Ende des Bargelds droht – die Nationalbank und die EZB dementieren das allerdings immer wieder.
APA/dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Rechtliche Rahmenbedingungen

Im nächsten großen Schritt sollen auf EU-Ebene die rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt werden, dafür müssen sich Parlament und Rat auf einen gemeinsamen Nenner einigen. Dass im Juni ein neues EU-Parlament gewählt wird, macht die Entscheidungsfindung nicht einfacher. "Wir rechnen frühestens gegen Jahresende mit einer Gesetzesgrundlage", sagt Sigrid Part vom Finanzministerium, die mit den Verhandlungen vertraut ist. Beide Seiten hätten bereits Änderungsvorschläge für den bisherigen Entwurf der Kommission.

Ein besonders in der Öffentlichkeit emotional diskutiertes Thema ist laut Part die Annahmepflicht. Der Idee nach soll der digitale Euro ein gesetzliches Zahlungsmittel werden. Um zu klären, was es überhaupt bedeutet, ein solches zu sein, musste die Kommission einen eigenen Verordnungsentwurf vorlegen. Sigrid Part fasst die Annahmepflicht heruntergebrochen so zusammen: "Zahlungen mit dem digitalen Euro dürfen nicht abgelehnt werden, und es darf keinen Aufschlag geben – also keine extra Gebühr, weil man mit dem E-Euro zahlt." Sprich, in den meisten Fällen wird man das neue Zahlungsmittel akzeptieren müssen.

Ausnahmen

Vor allem für kleine Wirtschaftstreibende sieht die Regelung aber Ausnahmen vor. Beschäftigt ein Betrieb weniger als zehn Leute oder erzielt nicht mehr als zwei Millionen Euro Jahresumsatz, ist die Annahmepflicht aufgehoben. Aber: Bietet ein Händler vergleichbare digitale Zahlungsmöglichkeiten wie mit Bankomat- oder Kreditkarte an, muss er auch den digitalen Euro zulassen.

Schwierig gestaltet sich Part zufolge auch die Situation mit Schildern. "Schilder mit 'kein Bargeld' oder 'keine Kartenzahlung' kennt man aus dem Alltag. Ein solches reicht allerdings nicht, um den E-Euro auszuschließen." Das sei nur als individuell vereinbarte Vertragsbedingung möglich. Das heißt: Einigt man sich im Vorfeld ausdrücklich, dass der digitale Euro als Zahlungsmittel ausgeschlossen wird, muss er nicht akzeptiert werden. Andernfalls würde die Vertragsfreiheit beeinträchtigt.

Komplexe Händlergebühren

Zwar soll die Nutzung des digitalen Euros für die Bevölkerung gratis sein, doch dieses Projekt ist infrastrukturmäßig eine Herkulesaufgabe, bei der hunderte Millionen Euro an Kosten anfallen. Herkömmliche Banken müssen als Intermediäre agieren, direktes Konto bei der EZB kriegt man keines. Was all das in der Praxis für die Händler bedeutet und welche Gebühren für sie anfallen, wird aber noch diskutiert. "Händlergebühren sollen anhand der Kosten, die bei den kosteneffizientesten Zahlungsdienstleistern entstehen, gedeckelt werden", sagt Petia Niederländer, Direktorin für Zahlungsverkehr bei der OeNB. Die Zahlungsschemata sind komplex, doch sie geht davon aus, dass die Gebühren auf Sicht für Händler sinken. Das sei ein Marktmechanismus. "Wenn es ein zusätzliches Angebot gibt, erhöht das den Druck auf die bestehenden Anbieter."

Einer, der nicht an die versprochenen niedrigen Kosten glaubt, ist Stefan Sandberger, Vorstand der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich. "Dass Bargeld nichts kostet, mag für Konsumenten stimmen, doch so ist es nicht. Allein für die Befüllung und Wartung von Bankomaten fallen hohe Kosten an", sagt er im Rahmen einer Podiumsdiskussion in der OeNB. Kunden würden die Einführung vermutlich nicht direkt spüren, aber ein Joghurt im Supermarkt sei durch die Einführung einer zusätzlichen Zahlungsinfrastruktur noch nie billiger geworden. "Die Abhängigkeit von Visa und Mastercard mit einer europäischen Lösung zu verringern, ist der richtige Ansatz", sagt Sandberger. Ob der digitale Euro der richtige Weg sei, da habe er aber seine Zweifel.

Zeitnah wird man es nicht wissen. Laut OeNB-Zahlungsexpertin Niederländer könnte im Herbst 2025 die zweite Vorbereitungsphase starten mit ersten Pilotbetrieben. Einen offiziellen Launch der Digitalwährung erwartet sie aber nicht vor 2028. (Andreas Danzer, 12.3.2024)