Hoffnungen auf deutlich tiefere Kreditzinsen werden sich so schnell nicht erfüllen. Die EZB hat am Donnerstag die Leitzinsen in der Eurozone unverändert auf dem höchsten Wert seit Mai 2001 belassen, um die Inflation im Währungsraum weiterhin zu drosseln. Obwohl die Notenbank ihre Inflationsprognose für das laufende Jahr absenkt, bleibt sie mit 2,3 Prozent immer noch zu hoch. Der Rat der Notenbank werde daher den straffen geldpolitischen Kurs ausreichend lange beibehalten, gab die EZB in einer Aussendung bekannt. Für 2025 erwartet die EZB nun nur noch zwei Prozent Teuerung, was dem Zielwert der Notenbank entspricht.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde bei einer Pressekonferenz.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat die Leitzinssätze am Donnerstag auf hohem Niveau belassen, um die Inflation weiter einzudämmen.
IMAGO/Christoph Hardt

Der Leitzins bleibt somit unverändert bei 4,5 Prozent. Der Zinssatz für Bankeinlagen bei der Notenbank beträgt weiterhin vier Prozent. Die EZB hat ab Juli 2022 die Zinssätze in mehreren Schritten auf das aktuelle Niveau gehievt, wo sie seit September des Vorjahrs verharren. Deren Höhe gilt als restriktiv, sie sollen die Wirtschaft und die Kreditvergabe so weit bremsen, dass die immer noch zu hohe Inflation in der Eurozone von 2,6 Prozent auf den zweiprozentigen Zielwert gedrückt wird. Um das zu erreichen, sind nach Ansicht der die Währungshüter um Notenbank-Chefin Christine Lagarde weitere Monate auf dem Zinsplateau nötig.

Leicht sinkende Raten

Dennoch dürfen Nehmer von variablen Krediten bereits bei der nächsten Anpassung der Raten auf eine gewisse Erleichterung hoffen. Warum? Die dafür meist herangezogenen Euribor-Referenzzinssätze haben in den vergangenen Monaten schon etwas nachgegeben, der sechsmonatige Zins ist etwa von seinem Höchstwert im November um 0,2 Prozentpunkte gesunken und liegt derzeit bei 3,92 Prozent. Die Kehrseite der Medaille: Das Vergleichsportal Durchblicker hat im Februar darauf hingewiesen, dass Österreichs Banken auch wieder weniger Sparzinsen bieten. Für Tagesgeld gab es demnach um 0,15 Prozentpunkte weniger als noch vor drei Monaten.

Offiziell bleibt zwar der Zeitpunkt der ersten Zinssenkung offen, zumal auch Mitglieder des EZB-Rats zuletzt vor der Erwartung bald sinkender Zinsen gewarnt haben. Dennoch zeichnete sich unter Experten schon vor der heutigen Entscheidung ein Fahrplan ab, der auf eine Absenkung zur Jahresmitte hindeutet. "Es gibt keinerlei Druck, vorschnell an der Zinsschraube zu drehen", sagt Raiffeisen-Research-Chefanalyst Gunter Deuber. Allerdings bedeute das auch, dass sich bei den variablen Hypothekarkreditzinsen hierzulande die Konditionen vorerst nicht drastisch verändern sollten. Wann es so weit sein wird? Deubers Prognose: Im Juni wird Lagarde die erste Leitzinssenkung der EZB seit März 2016 verkünden.

Schwache Wirtschaft

Ähnliche Erwartungen hegt Gilles Moëc, Chefökonom der AXA Group. Er tippt ebenfalls auf einen ersten Zinsschritt im Juni und gibt auch zu bedenken, dass die Notenbank nicht zu lange damit zuwarten sollte, denn: "Bei der Suche nach Anzeichen einer Verbesserung der Realwirtschaft im Euroraum muss man schon das Mikroskop rausholen", sagt Moëc. "Trotz der schwächeren Konjunktur und des allmählich schwächeren Arbeitsmarktes bleiben die Löhne das größte Risiko beim Inflationsausblick", ergänzt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Hohe Lohnabschlüsse stärken die Kaufkraft der Bevölkerung, sodass deren Konsum die Verbraucherpreise und damit die Inflationsrate nach oben treiben kann.

Einig sind sich die meisten heimischen Volkswirte, dass die Zinssenkungen der EZB wohl zu früh für Österreich erfolgen werden. Schließlich liegt die Teuerung hierzulande – im Februar betrug sie noch 4,3 Prozent – ebenso hartnäckig wie dauerhaft über dem Wert der gesamten Eurozone. "Eine Zinssenkung wäre ein fatales Signal gewesen, so lange Regierungen noch Anti-Teuerungs-Programme laufen haben", sagt etwa Agenda Austria-Ökonom Hanno Lorenz. Vor allem für Österreich wäre eine Senkung der Zinsen "viel zu früh" gekommen. Für das laufende Jahr wird erwartet, dass sich der Auftrieb der Verbraucherpreise hierzulande im Mittel bei knapp unter vier Prozent einpendeln wird, also bei fast dem Doppelten des Zielwerts von zwei Prozent. "Während andere Länder bei der Teuerung bereits leicht aufatmen können, bleibt die Inflationskrise für Österreich bestehen", betont Lorenz. (Alexander Hahn, 7.3.2024)