Prater Hauptallee mit grünen Bäumen
Bäume erhöhen die Lebensqualität in der Stadt, aber wer kümmert sich eigentlich um sie?
imago images/Volker Preußer

Mehr als eine halbe Million Bäume gedeihen entlang der Straßen und in den Parkanlagen Wiens. Sie leisten wertvolle Dienste für die Menschen in der Stadt, doch die Eschen, Platanen, Kastanien und die vielen anderen Baumarten in der Stadt erleiden immer wieder Sturmschäden, werden krank oder wachsen über Hochleitungen oder Verkehrsschilder. Genau für solche Fälle sind die rund 80 Baumpfleger – und derzeit nur eine Baumpflegerin – der Stadt Wien zuständig.

Der STANDARD sprach mit den Bediensteten der Wiener Stadtgärten (MA 42) über grantige Passanten, Alltag und Perspektiven in ihrem Beruf sowie über ihre pflanzlichen Schützlinge. Man freute sich sichtlich über unseren Besuch, immerhin werden gerade Baumpflegerinnen und Baumpfleger gesucht.

"Das muss man wollen"

Was braucht es, um im Job gut zurechtzukommen? "Man muss das schon machen wollen", lacht Abteilungsleiter Martin Winhofer und beginnt zu erzählen. Er war selbst neun Jahre lang Baumpfleger, bevor er zunächst für einige Jahre Baumkontrolleur und seit 2020 Leiter der Baumpflege in Wien wurde. Man sei jeden Tag im Freien bei jedem Wetter unterwegs. Die dicke Schutzkleidung ist das ganze Jahr über dieselbe, an heißen Sommertagen kommt man darin ordentlich ins Schwitzen, wie Winhofer aus Erfahrung weiß.

Ein Mann in Schutzausrüstung sägt mit Seilen gesichert an einem Ast einer Baumkrone
Ein Wiener Baumpfleger im Einsatz beim Seilklettern mit Säge.
Wiener Stadtgärten - MA 42

Außerdem sollte man keine Höhenangst haben, denn häufig muss man seilklettern oder ist auf der Hubarbeitsbühne über den Baumkronen im Einsatz. Für die Arbeit am Baum braucht es körperliche Fitness. Die Gesundheit und sportliche Belastbarkeit der Mitarbeitenden wird dementsprechend regelmäßig ärztlich überprüft. Ganz nach Vorschrift, denn die Arbeit ist nicht nur herausfordernd, sondern auch nicht ungefährlich. Deswegen sind Winhofer und sein Stellvertreter Alexander Groth auch jeden Tag unterwegs und überprüfen, ob die Sicherheitsvorschriften eingehalten werden. Unfälle passieren kaum, die Vertrauensbasis im Team sei ähnlich groß wie bei der Feuerwehr, erzählen die Abteilungschefs.

Oldies und Studierende

"Um die 30" sei der durchschnittliche Bedienstete in der Baumpflege. Wer körperlich fit bleibt, kann auch bis zur Pension der Arbeit am Baum nachgehen. Es gibt einige solche "Oldies", erzählt Winhofer, aber sie werden seltener. Wird die Arbeit am Baum doch zu schwer, kann man sich fortbilden und etwa Baumkontrolleur werden oder anderswo in der Abteilung unterkommen. Von März bis November wird die Belegschaft mit Saisonbediensteten aufgestockt, beispielsweise Studierenden aus einschlägigen Fachrichtungen. Wenn diesen die Arbeit gefällt, können sie dann als frischgebackene Akademiker beispielsweise in der Parkraumplanung andocken.

Von sieben Uhr morgens bis drei am Nachmittag arbeitet man im Normalfall. Ein paar Mal im Jahr gibt es Nachtschichten, etwa wenn die Hochleitung der Ringstraßenbahnen ein- bis zweimal jährlich vom Überwuchs befreit werden muss. Wenn Bewerber mit den Anforderungen zurechtkommen, blieben sie meistens viele Jahre dabei, erzählt der Abteilungsleiter. Ob das der Fall ist, würde sich meistens schon im Probemonat abzeichnen.

Grantige Anwohner

Einmal angedockt, beschweren sich die Kollegen laut Winhofer nur sehr selten. Wenn, dann meistens über verärgerte Anrainerinnen oder Anrainer, die die Baumpfleger manchmal sogar wüst beschimpfen würden. "Die verstehen oft nicht, wieso die Kollegen grüne Triebe abschneiden. Sie glauben, wir schaden den Bäumen absichtlich", ärgert sich Winhofer. Den Mitarbeitern bringe man bei, verärgerte Passantinnen und Passanten freundlich an zuständige Stellen zu verweisen und sich nicht lange mit ihnen aufzuhalten.

Die Wiener Stadtgärten sind auch für Platzierung und Dekoration des Christbaums vor dem Wiener Rathaus zuständig.
APA/GEORG HOCHMUTH

Dass der Job Spaß machen kann, bestätigt der 18-jährige Marcello, der gerade erst im März bei der MA 42 angefangen hat. Er wollte schon lange Baumpfleger werden, erzählt der gelernte Landschaftsgärtner – und bei der Stadt Wien arbeiten sei auch nicht schlecht. Ob es ihm hier besser gefällt als in der privaten Gärtnereiwirtschaft? "Viel besser!", betont Marcello. Für die Baumpflege ist ein Lehrabschluss als Gärtner oder Gärtnerin zwar von Vorteil, die MA 42 bildet aber auch selber Lehrlinge aus. Sein 36-jähriger Kollege Phillip hat gleichzeitig mit Marcello vor ein paar Wochen als Baumpfleger angefangen. Eigentlich ist er gelernter Installateur, zuletzt war er in einem großen Bäckereibetrieb tätig. Er wollte jetzt aber gerne "etwas in der Natur machen" und beschloss, bei den Wiener Stadtgärten anzuheuern, die auch Quereinsteiger wie ihn gerne ausbildet. Es würde im Team sehr harmonisch zugehen, erzählt Phillip.

Bleibt man lange genug dabei, kann man die Bäume über die Jahre beim Wachsen beobachten, das sei ein richtiges Erfolgserlebnis, erzählt Winhofer stolz. Arbeit gibt es für die Beschäftigten in der Baumpflege jedenfalls genug. Jedes Jahr kommen 4.500 neue Bäume dazu, und der Klimawandel bringt neue Herausforderungen für den Job der MA 42. Zur Frage nach dem Einfluss der Klimakrise auf die Stadtbäume sagt der Abteilungsleiter, dass man das jetzt schon merke – und viele Baumarten würden noch ihre Klimafitness unter Beweis stellen müssen. (Paul Sajovitz, 21.3.2024)