Wien/Linz – Es war eine Nachricht, die im vergangenen Herbst nicht nur den oberösterreichischen Ort Naarn im Machland erschütterte, sondern das ganze Land: Eine Joggerin, die gerade eine Laufrunde auf einem Feldweg absolvierte, wurde am Rand des Ortes von einem Hund ohne Vorwarnung attackiert und starb vor Ort an ihren schweren Verletzungen. Inzwischen geht die Staatsanwaltschaft Linz davon aus, dass der American Staffordshire Terrier Elmo die 60-Jährige nicht allein, wie anfangs angenommen, zu Tode gebissen hat, sondern auch zwei weitere Hündinnen zugebissen haben sollen.

Der Halterin der drei Hunde drohen nun bis zu drei Jahre Haft, die Staatsanwaltschaft hatte einen Strafantrag wegen grob fahrlässiger Tötung eingebracht. Der Fall wird am Donnerstag am Landesgericht Linz verhandelt. Begründen tut dies die Staatsanwaltschaft damit, dass die Halterin keine "ausreichende Kontrolle" über ihre Hunde gehabt habe. Sie war mit den Tieren unterwegs, als sie plötzlich von dem Rüden niedergerissen wurde. Als die 37-Jährige wieder aufblickte, sah sie, dass alle drei Hunde bei der Sportlerin waren.

Der Hund, der in Naarn in Oberösterreich eine Joggerin tötete, war ein American Staffordshire Terrier.
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Für Aufregung sorgten auch Vorwürfe, dass der Hund, der kurz nach der Attacke eingeschläfert wurde, eine sogenannte Schutzhundeausbildung durchlaufen hatte – also ein Training, um ihn "scharf" zu machen. Bei solchen Trainings lernen die Hunde, ihr "Herrchen" zu beschützen.

Solche Trainings sind derart umstritten, dass auch die türkis-grüne Bundesregierung reagierte und beim Tierschutzgesetz nachschärfen will. Künftig soll die Absolvierung einer solchen Ausbildung nur mit entsprechenden Prüfungen erlaubt sein, wobei der Hund einer Wesensprüfung unterzogen wird, kündigte Tierschutzminister Johannes Rauch (Grüne) an. Zudem müssen Besitzerinnen und Besitzer des Hundes einen Strafregisterauszug vorlegen. Allgemein muss zusätzlich für alle Hunde, unabhängig von der Rasse, ein Sachkundenachweis in Form von Theorie- und Praxiseinheiten vorgelegt werden. Die Gesetzesnovelle befindet sich aktuell in Begutachtung.

Forderung nach Verbot für privaten Bereich

Dass die Regierung kein Verbot der Schutzhundeausbildung im privaten Bereich vorsieht, stößt bei der Tierschutzorganisation Pfotenhilfe auf Unverständnis. "Niemand versteht, warum eine private Person mit ihrem Hund eine solche Ausbildung durchführen darf. Das sollte den Profis etwa bei der Polizei oder dem Bundesheer vorbehalten sein", betont Pfotenhilfe-Sprecher Jürgen Stadler.

Auch Tierschutz Austria kritisiert, dass das Schutzhundetraining für den privaten Bereich nicht komplett verboten wurde. "In den falschen Händen kann ein Hund, der ein solches Training absolviert hat, jederzeit auf eine aggressive Art umschalten und das Herrchen verteidigen wollen", sagt Sprecher Jonas von Einem zum STANDARD. Beide Tierschutzorganisationen sehen den verpflichtenden Sachkundenachweis für alle Rassen aber positiv.

Hundehaltegesetz
Die Regeln zur Haltung von Listenhunden sind in den neun Bundesländern sehr unterschiedlich.
Der Standard

Oberösterreich zählt bisher zu jenen sechs Bundesländern, wo für bestimmte Hunderassen keine strengeren Regeln gelten. Nur Niederösterreich, Vorarlberg und Wien führen Listen von bestimmten Rassen mit erhöhtem Gefährdungspotenzial, die spezifischen Auflagen unterworfen sind. Der Bullterrier oder der American Staffordshire Terrier und der Dogo Argentino (Argentinischer Mastiff) sind auf allen Listen zu finden, der Rottweiler zum Beispiel nur in Wien und Niederösterreich.

Für diese Rassen gilt in den drei Bundesländern eine Maulkorb- und Leinenpflicht an öffentlichen Plätzen und in Verkehrsmitteln. Zwar ist der Bund für die Gesetzgebung in puncto Tierschutz verantwortlich, die Vollziehung liegt aber ausschließlich bei den neun Bundesländern. Daraus ergeben sich neun verschiedene Hundehaltegesetze.

Oberösterreich will "Listenhunde"

Mittlerweile ist auch die oberösterreichische Landesregierung dabei, das Hundehaltegesetz nachzuschärfen. Erwogen wird eine Regelung, bei der die Hunde nach Körpergröße und Gewicht klassifiziert werden. Ab 40 Zentimeter Widerristhöhe oder einem Gewicht über 20 Kilogramm sollen strengere Regeln gelten. Mit mehr als zwei "großen Hunden" gleichzeitig spazieren zu gehen soll künftig nicht mehr erlaubt sein.

Zudem will auch Oberösterreich sechs Hunderassen auf eine Liste setzen, für die "bestimmte Anforderungen" gelten, wie es aus dem Büro von Tierschutzlandesrat Michael Lindner (SPÖ) heißt. Betroffen wären unter anderem der Bullterrier und der American Staffordshire Terrier. Daneben sollen die Gemeinden mehr Befugnisse erhalten: Sie dürfen künftig die Haltung von "auffälligen Hunden" an bestimmten Orten untersagen, im Extremfall soll auch die Abnahme eines Tieres möglich sein, erklärt eine Sprecherin. Der Beschluss für die Gesetzesänderung soll noch vor dem Sommer fallen.

Von der Verteufelung einzelner Rassen hält die Hundetrainerin Katharina Aberle, die sich mit dem Verhalten und der Psychologie von Hunden auseinandersetzt, aber nichts. "Ein Hund ist nie von Grund auf aggressiv, egal um welche Rasse es sich handelt. Es geht auch immer um den Menschen, der hinter dem Hund steht", betont sie im Gespräch mit dem STANDARD. Wichtig sei, dass man sich vor der Beschaffung eines Hundes mit der jeweiligen Rasse auseinandersetzt. "Jeder Hund hat unterschiedliche Bedürfnisse. Erfüllt man diese nicht, ist es klar, dass der Hund irgendwann entgleitet", erklärt Aberle. Deshalb begrüßt sie die Entscheidung der Bundesregierung, einen verpflichtenden Sachkundenachweis für jeden Hund einzuführen, unabhängig von dessen Rasse.

Einheitliche Regelungen sinnvoll

Von "Rassenlisten" hält auch Tierschutz Austria nicht viel. Es gebe schlichtweg zu wenig Datenmaterial, um fundiert sagen zu können, welche Rassen besonders oft zubeißen und welche nicht. "Beispielsweise ist der Schäferhund auf keiner Liste zu finden, kann aber auch stark zubeißen", sagt von Einem. Zudem sei kein Rückgang bei den Unfällen zu beobachten, seit solche Listen eingeführt wurden. Für die Hundehaltung wünscht sich von Einem für alle neun Bundesländer einheitliche Regelungen. "Warum braucht ein kleines Land wie Österreich neun verschiedene Hundehaltegesetze?", fragt sich der Sprecher von Tierschutz Austria.

Die Pfotenhilfe sieht die geplanten Regelungen in Oberösterreich jedenfalls kritisch. Man habe bereits eine weitgehende Gesetzgebung, diese werde aber schon jetzt nicht ausreichend kontrolliert. "Es wäre ein Anfang, wenn die aktuellen Gesetze kontrolliert werden", betont Stadler. (Max Stepan, 7.3.2024)