Ein Sessellift steht still. Die Piste hat kaum Schnee. Mehr Wiese als Schnee ist zu sehen.
Der Schneemangel trifft den Wintertourismus hart. Viele Skiorte können ihren Betrieb nicht aufrechterhalten.
IMAGO/Geisser

La Sambuy ist ein hübscher Familienskiort mit Blick auf den Mont Blanc. Oder genauer: war. Skifahren gehört in La Sambuy der Vergangenheit an. Der Sessellift und die drei Skilifte werden demnächst abgebaut. "Sie stehen die meiste Zeit still und liegen nur noch unserem Haushalt auf", sagt Bürgermeister Jacques Dalex zum STANDARD. "Der ganze Betrieb spielt ein Jahresdefizit von 500.000 Euro ein, davon entfallen 80.000 Euro auf den Sessellift. Damit muss jetzt Schluss sein."

Der freundliche Bürgermeister erzählt, einst sei die Gegend südlich vom Lac d'Annecy von Anfang Dezember bis Ende März weiß gewesen. Das sei aber schon lange nicht mehr der Fall. Im vergangenen Winter habe der Sessellift von La Sambuy gerade einmal fünf Wochen lang funktioniert, die Pisten seien von Steinen durchsetzt gewesen. "Da lohnt es sich nicht, die ganze Infrastruktur eines Skiortes aufrechtzuerhalten", bedauert Dalex.

Letzte Hoffnung

Ein lokaler Verein kämpft noch gegen den Abbau der Skilifte. Er schlägt diverse Maßnahmen vor, die Geld einspielen sollen, darunter etwa die Einführung von Parkgebühren. Dalex winkt aber ab: Diese Lösung sei "nicht lebensfähig" angesichts des chronischen Schneemangels. Von den sechs – grünen bis schwarzen – Pisten beginne keine über 1.850 Metern. Das sei zu wenig.

Dalex sucht deshalb "ein neues Modell für einen sanften Tourismus", mit Betonung auf Sommeraktivitäten; im Winter würden je nach Beschneiung Langlauf oder Schneewanderungen angeboten. Der Sessellift soll im Frühling abgebaut werden.

La Sambuy, das administrativ zur 7.000-Einwohner-Gemeinde Faverges gehört, ist nicht der einzige französische Skiort, der wegen der Klimaerwärmung seine Bahnen und Pisten schließen muss. Im vergangenen Jahr hatte im Departement Hautes-Alpes bereits Saint-Firmin seinen einzigen Sessellift abgebaut. Heute figuriert das Dorf auf der französischen Webseite der "stations fantômes", der Geisterstationen. Dort finden sind auch größere Anlagen wie der ehemalige alpine Winterskiort Saint-Honoré 1500, der auf 1.500 Metern gelegen war, aber heute nur noch eine hässliche Betonruine ist.

Sehr hohes Risiko

150 Skiorten ist es in Frankreich in den vergangenen Jahren gleich gegangen. Meist handelt es sich um kleinere, tiefer gelegene Orte im Jura, den Pyrenäen, aber auch den Alpen. Manchmal sind die Gemeinden so hoch verschuldet, dass sie nicht einmal die Mittel haben, die Wintersportanlagen abzubauen. Die französische Organisation Mountain Wilderness hat 106 verlassene Skilifte im ganzen Land gezählt. Eisen- oder Betonhaufen, Masten und Kabel, ehemalige Häuschen und Hütten rosteten auf offener Wiese oder warteten auf den Abtransport, schreibt das Fanzine.

Das Wissenschaftsportal Nature Climate Change hat im August ausgerechnet, dass von den 2235 Skiorten in Europa 53 Prozent ein "sehr hohes Risiko" chronischen Schneemangels aufwiesen, wenn die Erdtemperatur wie erwartet um zwei Grad steige. Betroffen sind vor allem Stationen um die 1.000 Meter Höhe. Von den 584 französischen Stationen, in denen neben den Saisonniers 120.000 Festangestellte ein Auskommen finden, sind 200 gefährdet. Hoch gelegene Prestigeorte wie Courchevel oder Mégève ziehen sich besser aus der Affäre. "Aber auch sie werden nicht mehr wie heute funktionieren können", warnt Samuel Morin, Forscher bei Météo France. (Stefan Brändle, 19.12.2023)