Euro Symbol am Willy Brandt Platz Frankfurt am Main
Die Euro-Währungshüter um Notenbankchefin Christine Lagarde drehen vorerst nicht weiter an der Zinsschraube.
IMAGO/Jan Huebner

Nach zehn teils kräftigen Erhöhungen in Folge legt die Europäische Zentralbank (EZB) eine Pause ein und belässt den Leitzins bei 4,5 Prozent. Das ist richtig, denn die Wirtschaft in der Eurozone steht am Rande einer Rezession, wobei Österreich und Deutschland bereits einen Schritt weiter sind. Wohl ist die Notenbank primär der Geldwertstabilität verpflichtet, worunter sie eine Inflation von zwei Prozent versteht – also weniger als die Hälfte des 4,3-prozentigen Preisauftriebs von Waren und Dienstleistungen im September. Allerdings bestand bereits die Gefahr, bei der Inflationsbekämpfung über das Ziel hinauszuschießen, nachdem die EZB die Teuerungswelle anfangs unterschätzt hatte.

Die bisherigen Verschärfungen der Geldpolitik, also das im Rekordtempo gestiegene Zinsniveau, benötigen Zeit, bis sie ihre volle Wirkung entfalten. Die Notenbank geht davon aus, dass die emporgeschnellten Finanzierungskosten erst nächstes Jahr die größten Auswirkungen zeigen – und die Konjunktur weiterhin bremsen werden. Angesichts des enormen Inflationsschubs in der Währungsunion war klar, dass dessen Bekämpfung nicht schmerzfrei für Wachstum und Jobmarkt vonstattengehen kann. Aber derzeit erscheint es umsichtiger, die Zinsen lieber länger auf derzeitigem Niveau zu belassen, als die geldpolitischen Zügel vorschnell noch straffer zu ziehen und die rezessiven Tendenzen zu verstärken. (Alexander Hahn, 27.10.2023)