Frauen in Teheran
Eine Aufnahme aus Teheran aus September 2023.
AP/Vahid Salemi

Teheran – Nach einer mutmaßlichen Konfrontation mit den Sittenwächtern ist eine 16-jährige Iranerin einem Medienbericht zufolge anscheinend hirntot. Wie die iranische Nachrichtenagentur Tasnim am Sonntag berichtete, gehen die Ärzte trotz größter Anstrengungen nun vom Hirntod der jungen Iranerin Armita Garawand aus.

Video: Überwachungskameras zeigen die 16-Jährige Armita Garawand, wie sie offenbar ohne Kopftuch und verletzt aus der U-Bahn getragen wird. Regime-Kritikerinnen beschuldigen die Sittenpolizei, das kurdische Mädchen verletzt zu haben
DER STANDARD

Der Fall der 16 Jahre alten Schülerin hatte Anfang Oktober große Empörung ausgelöst. Die junge Frau soll Berichten von Menschenrechtlern zufolge in einer U-Bahn gewaltsam mit den Sittenwächtern zusammengestoßen sein, weil sie kein Kopftuch trug. Seit Wochen liegt sie bereits im Koma. Staatsmedien dementierten Gewalt seitens der Moralpolizei. Die Schülerin sei wegen niedrigen Blutdrucks gestürzt und mit dem Kopf aufgeschlagen, lautete die offizielle Erklärung.

Garawands Schicksal erinnert viele Iranerinnen und Iraner an den Fall der jungen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini, die im Herbst 2022 von den Sittenwächtern wegen eines angeblich schlecht sitzenden Kopftuchs festgenommen worden war. Amini fiel ins Koma und starb. Ihr Tod löste im vergangenen Jahr die schwersten Proteste seit Jahrzehnten aus. Seitdem ignorieren viele Frauen demonstrativ die Kopftuchpflicht.

Journalistinnen zu langen Haftstrafen verurteilt

Im Iran sind zudem zwei preisgekrönte Journalistinnen im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten im Herbst 2022 zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Ein Revolutionsgericht in Teheran verhängte für Niloofar Hamedi sieben Jahre und für Elaheh Mohammadi sechs Jahre Gefängnis, wie das Justizportal Mizan am Sonntag verkündete. Beide Journalistinnen wurden der Zusammenarbeit mit den USA beschuldigt und wegen Verstößen gegen die nationale Sicherheit verurteilt.

Gegen die Urteile kann Berufung eingelegt werden. Das Gericht verhängte neben den Haftstrafen zudem ein zweijähriges Verbot gegen die Frauen, sich in Gruppen zu organisieren, in den sozialen Medien aktiv zu sein oder ihrer Arbeit als Journalistinnen nachzugehen. Seit mehr als einem Jahr sind Hamedi und Mohammadi bereits inhaftiert – diese Zeit gilt als schon verbüßt. Mizan veröffentlichte das Urteil an Hamedis Geburtstag, am Sonntag wurde sie 31 Jahre alt.

Berichte über Tod von Jina Mahsa Amini

Die beiden Journalistinnen waren im Herbst 2022 unter den Ersten, die über den Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini berichteten. Hamedi recherchierte zum Zeitpunkt des Todes als Journalistin der Zeitung "Shargh" im Krankenhaus und veröffentlichte ein Foto der trauernden Eltern, das um die Welt ging. Auch Mohammadi schrieb über Amini und reiste für ihren Arbeitgeber "Hammihan" zur Beerdigung in ihre kurdische Heimatstadt Saqqez, wo Menschenmassen hinströmten. Nur sechs Tage nach ihrem Tod durchsuchten Sicherheitskräfte die Wohnung der Journalistin Hamedi und nahmen sie fest. Mohammadi kam eine Woche später in Haft.

Während Hamedi und Mohammadi im Gefängnis saßen, zeichnete die Unesco die Frauen für ihre Berichterstattung Anfang Mai in Abwesenheit mit dem Pressefreiheitspreis der Uno-Kulturorganisation aus. "Mehr denn je ist es wichtig, alle Journalistinnen zu würdigen, die an der Ausübung ihrer Arbeit gehindert werden", sagte Unesco-Generaldirektorin Audrey Azoulay in der Urteilsbegründung. (APA, red, 22.10.2023)