Der Umweltaktivist Morad Tahbaz (ganz links) ist einer der Freigelassenen.
Der Umweltaktivist Morad Tahbaz (ganz links) ist einer der Freigelassenen.
ROXANNE TAHBAZ via REUTERS

Washington/Teheran – Der Iran und die USA haben im Rahmen eines Gefangenenaustauschs mehrere Staatsbürger des jeweils anderen Landes freigelassen. Die US-Bürger befänden sich an Bord eines Flugzeugs auf dem Weg von Teheran nach Katar, teilte ein hochrangiger Mitarbeiter der US-Regierung am Montagmorgen US-amerikanischer Ortszeit mit. Wenige Stunden später wurde bekannt, dass auch die iranischen Gefangenen in den USA freigelassen wurden. Zwei befinden sich mittlerweile zurück nach Teheran geflogen.

Teheran und Washington hatten sich im August auf den Gefangenenaustausch geeinigt. Die USA sagten zu, fünf Iraner freizulassen. Im Gegenzug will Teheran fünf im Iran festgehaltene US-Bürger freilassen. Voraussetzung ist die Freigabe von sechs Milliarden Dollar (5,63 Milliarden Euro), die auf der Grundlage von US-Sanktionen gegen den Iran in Südkorea eingefroren wurden.

Wechselseitige Spionagevorwürfe

Die fünf US-Bürger haben iranische Wurzeln und besitzen neben der iranischen auch die US-Staatsbürgerschaft. Der Iran erkennt jedoch keine Doppelstaatsbürgerschaften an. Unter ihnen ist der Geschäftsmann Siamak Namazi, der 2015 wegen Spionagevorwürfen festgenommen worden war. Seine Familie weist die Vorwürfe zurück. Bei den anderen US-Bürgern handelt es sich um den Umweltaktivisten Morad Tahbaz, den Geschäftsmann Emad Sharghi und zwei weitere Männer, die nicht namentlich genannt werden wollten. Alle fünf US-Bürger waren vom Iran bereits im August in den Hausarrest entlassen worden.

Die US-Justiz wiederum hat Angaben aus Teheran zufolge im Zuge der Abmachung fünf verurteilte Iraner freigelassen. Sie sollen laut Berichten in den USA unter anderem versucht haben, die internationalen Sanktionen zu umgehen. Einem Iraner wurde außerdem Industriespionage vorgeworfen. Ein weiterer soll gegen ein Gesetz verstoßen haben, das "ausländische Vertreter" in den USA zur Registrierung verpflichtet. Zwei Männer werden laut iranischem Außenministerium in ihre Heimat zurückkehren, ein weiterer in ein Drittland fliegen. Zwei Iraner wollen in den USA bleiben.

Das Geld, auf das der Iran nun Zugriff bekommen soll, wurde von Südkorea nach Angaben Teherans und Washingtons in mehreren Tranchen in Euro getauscht und nach Katar überwiesen. Mit den Vermögen soll die Islamische Republik demnach unter Aufsicht Güter kaufen können, die nicht von internationalen Sanktionen betroffen sind. Aufgrund der Strafmaßnahmen ist der Iran vom weltweiten Zahlungsverkehr abgeschnitten.

"Größte Lösegeldzahlung der amerikanischen Geschichte"

An der Vereinbarung mit Teheran hatte es im Vorfeld Kritik gegeben. Der frühere US-Vizepräsident Mike Pence etwa bezeichnete den Deal als "größte Lösegeldzahlung in der amerikanischen Geschichte". Kritiker mahnten, Teheran könnte die Milliarden Dollar womöglich für militärische Zwecke nutzen.

Die US-Regierung versuchte in den vergangenen Wochen, dererlei Bedenken zu zerstreuen. Sie betonte mehrfach, die Milliarden könnten allein für humanitäre Zwecke genutzt werden – etwa für Medikamente oder Lebensmittel. Es handle sich nicht um Lösegeld und nicht um Geld von US-Steuerzahlern, sondern um iranisches Geld, das allein dem iranischen Volk zugutekommen solle und nicht der iranischen Führung. Die US-Seite wies zuvor auch Darstellungen des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi zurück, das Geld solle in andere Bereiche fließen, etwa in die heimische Produktion.

Der Iran inhaftiert immer wieder Ausländer unter dem Vorwurf der Spionage oder anderer Verstöße gegen die nationale Sicherheit. Menschenrechtsvertreter kritisieren die oft hinter verschlossenen Türen verhandelten Verfahren als unfair. Der Islamischen Republik wird auch vorgeworfen, Ausländer als Geiseln gefangenzuhalten.

Die Beziehungen zwischen dem Iran und den USA sind historisch schlecht. Immer wieder standen die beiden Länder am Rande eines Krieges. Im Jänner 2020 töteten die USA den mächtigen iranischen General Qassem Soleimani bei einem Drohnenangriff im Nachbarland Irak. Es folgten wochenlange militärische Spannungen. Die Stürmung der US-Botschaft durch Studenten und die darauf folgende Geiselnahme am 4. November 1979 hatte die Beziehungen der beiden Länder unwiderruflich verschlechtert. (APA, 18.9.2023)