EU-Ratspräsident Charles Michel
Der Präsident des EU-Rats, Charles Michel, zeigte sich unsicher hinsichtlich der Chancen auf eine gemeinsame Abschlusserklärung des Gipfels in Neu-Delhi.
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Neu-Delhi / Addis Abeba – Die Afrikanische Union steht nach Angaben von EU-Ratspräsident Charles Michel vor einer Aufnahme in die G20-Gruppe der wichtigen Industrie- und Schwellenländer. Es gebe Konsens darüber, der Afrikanischen Union den Beitritt zur G20 zu ermöglichen, sagte der Belgier am Freitag vor dem Beginn des diesjährigen G20-Gipfels in Neu-Delhi. Das sei ein "gutes Signal". Er freue sich darauf, die AU als permanentes Mitglied willkommen zu heißen.

Bisher ist die EU mit ihren 27 Mitgliedsstaaten die einzige Regionalorganisation, die Mitglied der G20 ist. Der AU gehören alle international allgemein anerkannten afrikanischen Länder sowie das völkerrechtlich umstrittene Land Westsahara an. Insgesamt sind es 55 Staaten.

Die AU vertritt die Interessen von rund 1,3 Milliarden Menschen und hat die jüngste und am schnellsten wachsende Bevölkerung der Welt. Schätzungen zufolge könnte Afrika bis 2050 2,5 Milliarden Einwohner zählen. In der EU leben lediglich rund 450 Millionen.

Russlands Angriffskrieg als strittiges Thema

Offen war nach Angaben von Diplomaten bis zuletzt noch, wann die Afrikanische Union offiziell Mitglied werden soll. Möglich wäre eine erste reguläre Teilnahme bereits beim nächsten Gipfel in Brasilien oder beim Gipfel 2025 in Südafrika.

Skeptisch zeigte sich Michel hinsichtlich der Chancen auf eine gemeinsame Abschlusserklärung des Gipfels. Ein Grund sei, dass es für einige Staaten in diesem Jahr schwieriger zu sein scheine, einer klaren Verurteilung Russlands für den Angriffskrieg gegen die Ukraine zuzustimmen. Als weitere Beispiele für strittige Themen nannte Michel den Kampf gegen den Klimawandel, Pläne für eine Reform der internationalen Finanzarchitektur sowie die Unterstützung für Entwicklungsländer. "All diese Themen sind schwierige Themen mit unterschiedlichen Blickwinkeln, unterschiedlichen Sensibilitäten und unterschiedlichen Schwerpunkten", sagte er.

Zur G20-Gruppe gehören neben der EU 19 der stärksten Volkswirtschaften der Welt. Sie ist ein zentrales Forum für die internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit, beschäftigt sich inzwischen aber auch mit vielen anderen globalen Themen von der Terrorbekämpfung über den Klimaschutz bis hin zu Kriegen. Vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs ist sie eins der wenigen verbliebenen Foren, in denen der Westen und Russland direkt zusammentreffen. (APA, red, 8.9.2023)