Im Herbst kommen 93 neue Mitarbeiter zum Einsatz. Die komplexe Rechtsmaterie erfordert laut MA 35 eine längere Einschulungszeit.
Regine Hendrich

Es ist fast unmöglich, eine Behörde, die über die vergangenen Jahrzehnte Probleme systematisch verschleppt hat, innerhalb kürzester Zeit neu aufzustellen. Und doch sind erste Zahlen der Einwanderungsbehörde MA 35 vielversprechend: Überall hätte sich die Dauer der Verfahren drastisch verkürzt, und das anderthalb Jahre nach dem Reformstart 2021, heißt es von der MA 35.

Aber es gibt sie immer noch: Menschen und deren Akte, die noch verstaubt auf den Schreibtischen in den Amtstuben liegen. Menschen, die um ihre Arbeit, ihre Beziehung und letztlich ihre Zukunft in Österreich bangen müssen. In den letzten Monaten haben den STANDARD dutzende Nachrichten von Betroffenen erreicht. Bei manchen meldete sich die Behörde letztlich doch; andere warten immer noch.

Merjem Osmanović

Tagtäglich bringe sie den Kindern Deutsch bei. "Es ist nicht zu fassen", sagt die Elementarpädagogin Merjem Osmanović. Grund für ihren Ärger ist, dass ihr Staatsbürgerschaftsantrag vor kurzem abgelehnt wurde – ein schriftlicher Nachweis über ihre perfekten Deutschkenntnisse auf B2-Niveau fehlte. Auf die Dringlichkeit wurde die Bosnierin, die seit acht Jahren in Wien lebt, nicht hingewiesen. In einem MA-35-Brief stand beim Sprachnachweis "falls vorhanden".

Weil sie nur einen B1-Nachweis hatte, versuchte sie es über die Schiene der "nachhaltigen, persönlichen Integration". Dafür brauchte sie ein Schreiben der Chefin. "Sie konnte mir aber nur eine Bestätigung geben, dass ich bei der MA 10 arbeite." Reichte das? Das fragte sie den Sachbearbeiter. Doch eine Antwort kam nicht, erzählt sie. "Sonst hätte ich noch einen Sprachtest gemacht."

Auf den Fall angesprochen, heißt es von der MA 35, dass nach "bestem Wissen und Gewissen" gehandelt worden, es aber zu "Missverständnissen" gekommen sei. Man habe ihr angeboten, den Antrag zurückzuziehen, das habe sie abgelehnt. Merjem Osmanovic brachte nun eine Bescheidbeschwerde ein – mit einem C1-Nachweis in der Hand.

MA35
So schaut es aus, wenn man Österreicher oder Österreicherin wird.
Regine Hendrich

Ana Mikadze

Sie bereue es, die Niederlande verlassen zu haben, sagt Ana Mikadze, als DER STANDARD sie im Juni erreicht. Die gebürtige Georgierin hatte dort Industrial Studies studiert, als sie ihren jetzigen Ehemann kennenlernte. "Es war quasi ein Kompromiss, dass ich dann nach Wien zu ihm komme", sagt sie.

Zu Beginn sah alles gut aus: Mit dem Zulassungsbescheid der Angewandten in der Tasche wollte sie einen Aufenthaltstitel für Studierende beantragen. Das scheiterte am Bankkonto. "Mein georgisches wurde nicht akzeptiert, weil sich die Behörde nicht sicher war, ob ich auch Geld abheben könnte", sagt sie. Stattdessen wurde sie zu einem anderen Schalter geschickt, um eine Aufenthaltskarte für Familienangehörige zu beantragen. Doch seither werde sie am Telefon nur vertröstet – mindestens sechs Monaten brauche man, um Auskunft geben zu können, darunter gehe nichts, habe es geheißen. "Es ist einfach nur demütigend."

Laut MA 35 sei ihr aufgrund der Heiratsurkunde empfohlen worden, einen anderen Antrag zu stellen, da sie damit besser gestellt wäre. Für die Wartezeit seien aktuell aber die Niederlande verantwortlich, weil noch eine Behördenanfrage ausstünde, heißt es von der MA 35.

Badri Abasi

Mit den Behörden hatte Badri Abasi (Name geändert) lange Zeit keine Probleme. Sie kam 2010 als Au-pair von Georgien nach Österreich, absolvierte das Handelskolleg, lernte ihren Mann, auch Georgier, kennen. Vor acht Jahren wurden sie Eltern. Seither arbeitet Abasi dort, wo wohl am meisten Not am Mann und an der Frau ist: Sie ist mobile Pflegerin.

Arbeiten würde sie gern mehr, aber mit ihrer Aufenthaltskarte für Studierende ist bei 20 Stunden Schluss. Das war der Grund, warum sie im November das Visum wechseln wollte. Weil ihr Mann eine Rot-Weiß-Rot-Karte hatte, könnte sie als Partnerin ebenfalls umsteigen. Doch die MA 35 machte sich rar. Sieben Monate lang habe sie keine Rückmeldung erhalten – trotz zahlreicher Anrufe und Mails. "Man wird wie ein Niemand behandelt", sagt die 38-Jährige. Nicht nur habe sie Angst um ihren Job, auch die Familienbeihilfe werde seit Februar nicht mehr ausbezahlt. "Aufgeben kann ich nicht, das hier ist mein Zuhause."

Im Juli sandte Abasi dem STANDARD Entwarnung: Sie habe die Aufenthaltskarte bekommen – "endlich". (Elisa Tomaselli, 3.8.2023)