Beirut – Bei anhaltenden Kämpfen im größten palästinensischen Flüchtlingslager im Libanon sind nach UN-Angaben mindestens elf Menschen getötet worden. Weitere 40 seien verletzt worden, darunter auch Mitarbeiter des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNWRA), teilte dessen Direktorin im Libanon, Dorothee Klaus, am Montag mit. Wegen der Kämpfe habe die UN-Organisation ihre Arbeit in dem Lager "vorübergehend eingestellt".

Wie Klaus weiter mitteilte, wurden bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen rivalisierender Palästinensergruppen zwei Schulen der UNWRA beschädigt und 2.000 Menschen in die Flucht getrieben. Sie forderte "alle bewaffneten Akteure auf, alle Gebäude (...) der UNRWA im Einklang mit dem Völkerrecht zu respektieren". Die Konfliktparteien sollten zudem "unverzüglich" alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Zivilisten einschließlich der Kinder ergreifen.

Palästinenser fliehen vor den Kämpfen in ihren Lagern.
Die Bewohnerinnen und Bewohner des Lagers Ain al-Hilweh fliehen vor den bewaffneten Kämpfen.
EPA/WAEL HAMZEH

Die Kämpfe im Lager Ain al-Hilweh in der südlibanesischen Stadt Sidon waren am Samstagabend nach dem Tod eines Mitglieds einer islamistischen Gruppe ausgebrochen. Anschließend wurden fünf Fatah-Mitglieder, darunter ein Militärbeamter, in einem Hinterhalt getötet. Seit Sonntag stehen sich Mitglieder der Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Islamisten gegenüber, wie die Fatah mitteilte.

Rechtsfreie Zone

Die Auseinandersetzungen mit automatischen Waffen und Panzerabwehrraketen dauerten am Montag trotz der Ankündigung eines Waffenstillstands am Sonntagabend an. Vor dem Lager schlugen Granaten ein, Schulen und Geschäfte wurden geschlossen. Dutzende Bewohner flohen aus dem Lager, wie ein AFP-Korrespondent berichtete.

Ain al-Hilweh ist das größte der zwölf palästinensischen Flüchtlingslager im Libanon. In dem Lager leben mehr als 54.000 palästinensische Flüchtlinge und tausende weitere Palästinenser, die vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflüchtet sind. Es kommt dort häufig zu gewaltsamen Zusammenstößen.

Seit vielen Jahren gilt eine Übereinkunft, der zufolge die libanesische Armee palästinensische Lager nicht betritt. Palästinensergruppen kümmern sich dort um die Sicherheit. Faktisch sind die Lager aber rechtsfreie Zonen, in Ain al-Hilweh wurden etwa Extremisten und flüchtige Straftäter aufgenommen. (APA, 31.7.2023)