Kyriakos Mitsotakis in Siegerpose vor seinen Anhängern.
Kyriakos Mitsotakis ließ sich nach dem Erdrutschsieg seiner Partei Nea Dimokratia von seinen Anhängern in Athen feiern. Am Montag wurde er bereits wieder als Regierungschef vereidigt.
IMAGO/Nicolas Koutsokostas

Er ist ein echter Teflon-Politiker. An ihm perlt jede Kritik ab, so, als stehe er über den Dingen. Nach dem Wahlsieg der konservativen Nea Dimokratia (NDI) am Sonntag in Griechenland wurde Kyriakos Mitsotakis bereits am Montag wieder in seinem Amt vereidigt. Er regierte bereits die vergangenen vier Jahre. Die Wahlbeteiligung erreichte einen historischen Tiefstand: Nur 52 Prozent der Wahlberechtigten erschienen überhaupt an den Urnen. Seit dem Sturz der Militärjunta im Jahr 1974 hatten niemals so wenige Griechinnen und Griechen gewählt.

Ein Grund dafür war wohl, dass die letzten Parlamentswahlen erst fünf Wochen zuvor, am 21. Mai stattgefunden hatten. Im Mai galt noch das Verhältniswahlsystem, und Mitsotakis fehlten fünf Sitze im Parlament, um ohne Koalitionspartner ein Kabinett bilden zu können. Um allein zu regieren, hatte er deshalb eine zweite Wahl angestrebt.

158 von 300 Mandaten

Der Plan ging auf. Nun verfügt die ND über 158 der 300 Mandatare im griechischen Parlament, gefolgt von der linken Syriza mit nur 48 Sitzen. Nach dem nun wieder eingeführten Mehrheitswahlrecht bekam die ND als stärkste Partei nämlich zwanzig zusätzliche Abgeordnete. Mitsotakis sagte am Montag, die jüngste Parlamentswahl sei der "Todesstoß" für das Verhältniswahlrecht. Das Wichtigste sei eine Einparteienregierung. Das Mehrheitswahlrecht wurde nach der Diktatur eingeführt, um stabile Verhältnisse zu garantieren.

Insgesamt schafften acht Parteien den Einzug ins Parlament, darunter zwei rechtsradikale und eine ultrareligiöse. Das Wahlergebnis ist insbesondere für die Syriza unter Ex-Premier Alexis Tsipras eine große Niederlage. Es sei nun Sache der Parteimitglieder, über sein Schicksal und den Kurs, den die Partei selbst nun einschlagen müsse, zu entscheiden, sagte Tsipras danach.

Illegales Abhören

Die Wahl am Sonntag fand etwas mehr als eine Woche nach dem Untergang eines Flüchtlingsschiffs statt, bei dem Hunderte Menschen starben. Das Vorgehen der Behörden wurde in dem Zusammenhang massiv kritisiert. Doch weder diese Katastrophe noch das tödliche Zugsunglück im Februar noch die Enthüllungen betreffend das illegale Abhören von Oppositionspolitikern und Journalisten haben der Regierungspartei geschadet.

Insbesondere Mitsotakis schafft es immer wieder sehr geschickt, sich aus den Skandalen hinauszuhalten und seine Rolle so darzustellen, als hätte er mit all dem nichts zu tun. Dabei hatte er selbst 2019 den Geheimdienst unter seine Zuständigkeit gebracht, also die Organisation, die für die illegalen Abhörmaßnahmen kritisiert wurde.

Für die Wähler standen nun aber offensichtlich Wirtschaftsfragen im Vordergrund. Mitsotakis konnte mit seinem wirtschaftsfreundlichen Kurs sogar die ehemaligen linken Hochburgen auf der Insel Kreta und die einkommensschwachen Siedlungen rund um Athen für sich gewinnen. Er versprach Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung, ein besseres Gesundheitssystem, mehr Leistungsorientierung und eine Digitalisierung der Verwaltung.

Unter Mitsotakis stabilisierte sich in den vergangenen Jahren auch die budgetäre Situation einigermaßen, obwohl das Zahlungsbilanzdefizit zuletzt – auch durch die Inflation und die gestiegenen Preise – hinaufschnellte. Griechenland hofft auf eine baldige Wiedererlangung des Investment-Grade-Ratings, das es in der schweren Schuldenkrise vor 13 Jahren verloren hat.

Die Regierung Mitsotakis wird offensichtlich auch von den Finanzmärkten bevorzugt. Der 55-Jährige kommt aus einer Politikerdynastie und war vor seiner Politikkarriere als Finanzmanager tätig.

Breites Wählerspektrum

Unter seiner letzten Regierung wurden während der Pandemie Sozialleistungen für gefährdete Gruppen und Unterstützung für Unternehmen zur Verfügung gestellt, gleichzeitig verfolgte Mitsotakis auch liberalere Ansätze, wie eine Verkleinerung des Staates und Privatisierungen. Die Wirtschaftslage, großzügige EU-Unterstützungsgelder und eine Lockerung der EU-Ausgabenpolitik in Zeiten der Pandemie waren für ihn günstig.

Mit Mitsotakis ist die Regierung in Athen in Fragen der Sicherheit, Migration, Kultur und Bildung deutlich nach rechts gerückt. Sie spricht sowohl Konservative wie Wähler der Mitte und Liberale an, und außerdem Leute, die weit rechts stehen. In der neuen Regierung wird voraussichtlich Giorgos Gerapetritis Außenminister werden und Kostis Hatzidakis das Finanzministerium übernehmen.

Kyriakos Mitsotakis ließ sich nach dem Erdrutschsieg seiner Partei Nea Dimokratia von seinen Anhängern in Athen feiern. Am Montag wurde er bereits wieder als Regierungschef vereidigt. (Adelheid Wölfl, 26.6.2023)