Am Donnerstag wurde der
vierhunderttausendste Artikel in die deutschsprachige Ausgabe der
Online-Enzyklopädie
Wikipedia
gestellt. Die
Anzahl der von freiwilligen Autoren verfassten Einträge steigt immer
schneller an: Die ersten 100.000 deutschen Artikel entstanden in einem
Zeitraum von drei Jahren, die letzten 100.000 innerhalb von acht Monaten.
Dieses rasante Wachstum ist den 20.000 registrierten und unzähligen
unregistrierten Nutzern zu verdanken. Die deutschsprachige Version von
Wikipedia liegt damit auf Platz 2 der über 200 verschiedenen
Sprachausgaben. Führend ist die englische Ausgabe mit derzeit über 1,1
Mill. Artikeln, die allerdings nicht so restriktiv auf Relevanz überprüft
werden, wie in der deutschen Version. In allen Sprachversionen zusammen
finden sich mehr als 4,1 Mill. Artikel.
"Auf Wikipedia
geschriebene Artikel unterliegen der GNU-Lizenz, die erlaubt, dass andere
die Artikel nehmen, verändern und an anderer Stelle verwenden können"
Den durchschlagenden Erfolg erklärt Kurt Jansson, Vorstandsvorsitzender
von Wikimedia Deutschland, mit der
Communitybildung, die sich durch gemeinsames Anpassen der Artikel
entwickelt hat. Das freie Wikipedia-Konzept bringt natürlich das Risiko
von Urheberrechtsverletzungen mit sich, die aber aufgrund dauernder
Kontrolle laut Jansson kein großes Problem darstellen. "Auf Wikipedia
geschriebene Artikel unterliegen der GNU-Lizenz, die erlaubt, dass andere
die Artikel nehmen, verändern und an anderer Stelle verwenden können",
erklärt Jansson das Konzept gegenüber pressetext.
"Dem Leser
muss aber bewusst sein, dass in jedem Nachschlagewerk Fehler vorkommen
können."
An Qualität stehen die Artikel jenen renommierter Nachschlagewerke kaum
nach, wie eine Studie des Magazins Nature zeigte: "In Wikipedia wurden
3,8 Fehler pro Artikel gefunden, in der Enzyklopädie Britannica 2,9. Wir
spielen sozusagen in der gleichen Liga", meint Jansson. Trotzdem sei ein
Unterschied zwischen verschiedenen Bereichen erkennbar. In den
Naturwissenschaften sei Wikipedia schon sehr gut, für einige
geisteswissenschaftliche Themen würden noch Autoren gesucht. "Dem Leser
muss aber bewusst sein, dass in jedem Nachschlagewerk Fehler vorkommen
können. Deshalb ist es immer nötig, mehrere Quellen heranzuziehen."
Neutral
Wichtig für Wikipedia ist es Neutralität zu bewahren. In der ersten
Version eines Artikels sei hin und wieder die persönliche Meinung des
Autors noch zu erkennen, mit zunehmender Überarbeitung werde der Inhalt
jedoch immer objektiver. Das Projekt wird ausschließlich durch Spenden
finanziert und es findet sich auch keine Werbung auf der Internetseite.
"Das ist uns sehr wichtig, denn es stellt unsere Unabhängigkeit dar",
erklärt Jansson. Die Lebensfähigkeit sei derzeit jedenfalls nicht
bedroht. "Es ist genügend Geld vorhanden, um die Server und den Traffic
zu bezahlen."
Verbesserte Suchfunktion geplant
Nicht nur die Inhalte, auch die Software wird ständig weiterentwickelt.
In dem
Semantic-Wiki-Project
des Instituts für
Angewandte Informatik und Formale Beschreibungsverfahren der Universität
Karlsruhe arbeiten Wissenschaftler
gerade daran, die Suchfunktion zu verbessern. Artikel sollen durch so
genannte "Typed Links" und "Attributes" miteinander verknüpft werden, um
beispielsweise das Erstellen von Listen zu vereinfachen: "Wenn ich wissen
will, in welchen deutschen Städten mit mehr als 250.000 Einwohnern es
Bürgermeisterinnen gibt, muss ich alle Artikel einzeln lesen. Wir
entwickeln eine Software, die es möglich machen soll, so eine Liste per
Computer zu erstellen", erklärt Markus Krötzsch, Projektmitarbeiter,
gegenüber pressetext. Mit der momentanen einfachen Textsuche kommt man
bei solchen Anfragen nicht weit. Das Wissen ist in Wikipedia aber
meistens schon gespeichert, es sei nur eine Frage der Aufbereitung: "Ein
Computer kann mit Texten für Menschen nichts anfangen, daher muss das
Wissen in Datenbanken gespeichert werden, die ein Computer lesen kann",
so Krötzsch. Wann die neue Software in das offizielle Wikipedia eingefügt
wird, steht laut Krötzsch noch nicht fest: "Wahrscheinlich in den
nächsten Monaten, aber wir haben noch keine konkreten Zusagen." (pte)