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Joe Böhm in der Wasserwerferdusche (auf dem Greenpeace-Boot in der Mitte stehend). Der Wal im Hintergrund konnte nicht gerettet werden.

Foto: APA/Greenpeace/Kate Davison
Wien - Joe ist ein g'standenes Mannsbild, ein alter Seebär mit Rosen-"Peckerl". Jetzt sitzt er aber in Wien vor einer Leinwand, sieht den Film und kämpft mit den Tränen. Er war dabei, als das im Südpolarmeer aufgenommen wurde, hatte schon damals hilflos zusehen müssen, wie der Wal sich elend lange im Wasser wand, wie ihm die zuckenden Innereien aus der Wunde quollen. Der Harpunierer hatte schlecht getroffen. Pech.

Joe Böhm, ein gebürtiger Kapfenberger, war einer von denen, die das verhindern wollten. Drei Monate war er an Bord der "Esperanza" als Greenpeace-Aktivist in der Antarktis unterwegs, um die japanische Jagd auf Zwerg-und Buckelwale so weit wie möglich zu verhindern. Japan hatte angekündigt, in dieser Saison 1000 Wale zu "wissenschaftlichen Zwecken" fangen zu wollen. Eine Verdoppelung der Quote vom Jahr davor - was sich trotz des Verbots des kommerziellen Walfangs rentiert. Immerhin wird das Walfleisch dann zu 300 Euro das Kilo an Restaurants verkauft.

Am 20. November waren Joe und die Vertreter von weiteren 19 Nationen in Kapstadt aufgebrochen. Joe war ausgewählt worden, weil er bereits fünf Jahre seines Lebens zur See gefahren war.

Die japanische Walfangflotte taucht auf

Genau einen Monat nach dem Aufbruch der "Esperanza" "ein großer Jubel": Wir hatten die japanische Walfangflotte tatsächlich entdeckt". Was folgte waren turbulente Tage mit gefährlichen Aktionen. Die Methode der Aktivisten: Sie setzten sich mit ihren kleinen Booten direkt vor den Bug des Walfängers und nahmen den Harpunierern mit Wasserfontänen die Sicht - die Pumpe dafür hatte Joe selbst zusammengebaut.

Die Walfang-Crew reagierte mit Wasserwerfer-Attacken, die die angegurteten Aktivisten in ihren Schutzanzügen hin und herbeutelten. "Stundenlang", erinnert sich Joe, "wie ihm Hagel bin ich g'standen. I hab 'glaubt, i frier ab."

Doch die Stimmung heizte sich über die Tage hinweg immer mehr auf. Manche Japaner winkten zwar gelegentlich rüber - andere aber wurden immer aggressiver. "Einer an der Harpune war ein echter Spinner, der schoss trotz der schlechten Sicht direkt über uns weg", verfehlte Joes Kopf um einen knappen Meter.

Die Selbstzweifel

So wird dann auch der Wal nur schlecht getroffen - und alle müssen dem stundenlangen Sterben zusehen. "Zweimal hat der verrückte Harpunierer wieder nicht g'scheit getroffen, der Wal hat fürchterlich gezappelt, bis er tot war. I war am Boden", bekennt Joe. "Die Selbstzweifel, ob das richtig ist, was wir tun - bin ich an seinem Leiden schuld?"

Doch dann habe er sich daran erinnert, dass derselbe Harpunierer auch ohne Sichtbehinderung schon schlecht getroffen hatte. "I hab mir denkt: Der eine Wal hat gelitten - aber viele andere haben wir retten können." 28 Tage hatten sie die japanische Flotte behindert - zwölf Tage hatten sie gar keinen Fang gemacht.

Die japanische Regierung habe schon bekannt gegeben, dass die angepeilte Quote nicht erfüllt werden könne, berichtet Meeres-Kampaignerin Antje Helms von Greenpeace. Ein Film, auf dem eine Stunde lang das Abschlachten und Sterben eines Wales zu sehen ist, wurde der internationalen Walfangkommission übermittelt "und hat bereits Aufsehen erregt". (DER STANDARD, Printausgabe, 8.2.2006)