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Co-Pilotin Ilka Minor mit Manfred Stohl (re).

Foto: APA
Sardinien - Der Hirsch springt hoch, der Hirsch springt weit; das macht ja nichts, er hat ja Zeit. Es gibt aber einiges, was ein schon auch sprunghaftes Rallye-Auto vom Hirschen unterscheidet, nicht zuletzt leidet das Auto stets unter Zeitnot. In Porto Cervo, also im Hirschhafen, hob gestern mit dem Ceremonial Start die Sardinien-Rallye an. Bei diesem Start rollen die Boliden, die von Mechanikern vom Rallye-Zentrum hierher gebracht werden, mit der Rennbesatzung fürs p. t. Publikum von der Rampe, um von den Mechanikern wieder heimgebracht zu werden. Heute Früh geht's in Olbia mit der ersten Etappe so richtig los, bis Sonntag sind 1192,28 Kilometer zu bewältigten, auf 350,03 wird sondergeprüft.

Vor einer Rallye pflegt man einen Shakedown abzuhalten, eine Art Testsonderprüfung für Material und Mensch. Österreichs Beitrag, Manfred Stohl, überstand diesen gestern insofern unbeschadet, als ihm "die drei Nudeln", die er zuvor zu sich genommen hatte, nicht wieder herausgefallen sind. Stohl hatte sich ein Virus eingefangen. Fürs OMV-Team bestreitet er heuer zehn WM-Läufe im Citroën Xsara WRC, es steht also ein wichtiger Termin an in Sardinien, den er unbedingt einhalten möchte.

Ilka Minor, seit 2001 Stohls Kopilotin, leidet zwangsläufig immer mit. Das Virus verhinderte diesmal einen ordentlichen Schrieb. Zweimal darf jedes Team vor dem Rennen die Strecke abfahren. In einem Trainingsauto, das 70 km/h nicht überschreiten darf (ein vom Veranstalter eingebautes GPS wacht darüber). Im ersten Durchgang erstellt Minor den Schrieb, im zweiten wird er kontrolliert. Bei zwei Prüfungen, die jeweils zweimal durchrast werden sollen, fiel wegen Stohls Übelkeit die Kontrolle aus, was noch übler ist als die Tatsache, dass im Citroën gestern die Hydraulik versagte. Die sollte bis heute kuriert sein. Minor: "Wenn zum Beispiel der Zusatz ,Kurve macht zu' fehlt, dann ist das schlecht."

So 200 mit großen Buchstaben und Zeichen bemalte Seiten erstellt Minor bei jeder Rallye. Nach den Trainingstagen sitzt die gelernte Maschinenbauerin, die als Wassertechnikerin in einer Kläranlage werkt, jeden Abend drei Stunden zwecks Überarbeitung. Jedes Team hat ein eigenes System, Minor bewertet die Kurvenradien von 1 (Haarnadel) bis 5 (Vollgas), Nuancen werden mit beispielsweise minus 3 ausgedrückt. Minor, die in ihren Urlauben seit 1994 Rallye-Fahrer navigiert und am Samstag 30 wird: "Wenn ich einmal Angst habe, dann höre ich auf." (DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 29. April 2005, Benno Zelsacher)