Berlin - Ungeachtet der Pläne des deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder zur Bekämpfung von Lohndumping bestehen SPD-Spitzenpolitiker auf Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns.

Befürworter und Skeptiker des Vorschlags diskutierten am Dienstag das Für und Wider der Idee. SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter nannte die Debatte "weder bei uns noch bei den Gewerkschaften abgeschlossen", sieht aber kaum eine Möglichkeit, "dass wir eine Hausnummer für ganz Deutschland nennen".

Schröders Kampfansage

Schröder sagte Lohndumping den Kampf an. "Wir können nicht zulassen, dass es Leute gibt, die Arbeiter aus dem europäischen Ausland holen, sie für ein paar Kröten arbeiten lassen und damit gesunde deutsche Betriebe kaputt machen." Durch "solch würdelose Arbeit" werde die europäische Idee zerstört, betonte der SPD-Politiker am Montagabend bei einem Wahlkampfauftritt im nordrhein-westfälischen Siegen.

Der thüringische SPD-Vorsitzende Christoph Matschie plädierte für einen gesetzlichen Mindeststundenlohn von sechs bis acht Euro. Im Osten seien die Gewerkschaften vielfach nicht mehr stark genug, um ausreichende Löhne durchzusetzen, betonte er in der "Berliner Zeitung".

Stundenlöhne von vier oder fünf Euro

Trotz Tarifverträgen betrügen die Stundenlöhne oft nur vier oder fünf Euro. Im Kampf gegen Billiglöhne helfe es nichts, Tarifgehälter für allgemein verbindlich zu erklären, wie dies das Entsendegesetz in der Bauwirtschaft regelt.

Die Bundesregierung erwägt, diese Praxis auf andere Branchen auszuweiten, um so ein Minimum an Bezahlung zu gewährleisten. Der für den Aufbau Ost zuständige Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) erklärte dazu: "Ich weiß, dass Mindestlöhne von den Unternehmern und auch von mehreren Gewerkschaften in den neuen Ländern eher nicht gerne gesehen werden."

1200 bis 1300 Euro Im Monat

Der Wortführer des SPD-Arbeitnehmerflügels, Ottmar Schreiner, forderte in der "Berliner Zeitung" einen Mindestlohn von 1.200 oder 1.300 Euro im Monat.

Benneter sagte, er selbst favorisiere auf Branchen beschränkte Mindestlöhne, die von den Tarifparteien gestützt würden. Ehe Entscheidungen fallen, will die SPD seinen Angaben zufolge prüfen, ob und wie das Entsendegesetz auf weitere Wirtschaftsbereich oder den gesamten Arbeitsmarkt ausgeweitet werden kann.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt lehnte die Mindestlohn-Modelle von Regierung und Union ab. Sie seien gut gemeint, würden jedoch zum Verlust von Arbeitsplätzen im Niedriglohnsektor führen, sagte er im Bayerischen Rundfunk.

Die neuen Zumutbarkeitsregeln des Hartz-IV-Gesetzes würden in ihr Gegenteil verkehrt, die Schwarzarbeit nähme wieder zu. Besser wäre es, "die Kombination niedriger Löhne mit Arbeitslosengeld II durch höhere Freibeträge zu verbessern".

Union gegen gesetzliche Regelung

CDU/CSU-Arbeitsmarktexperte Karl-Josef Laumann sagte: "Wir sind auf jeden Fall gegen gesetzliche Mindestlöhne." Allerdings könnten Beschäftigte in Deutschland nicht zu litauischen Löhnen arbeiten. Laumann und CSU-Generalsekretär Markus Söder machten die Regierung für die Zunahme von Lohndumping verantwortlich.

Sie habe das Thema in den EU-Verhandlungen über die Öffnung des Dienstleistungsmarktes "schlicht verpennt", meinte Laumann in der Chemnitzer "Freien Presse". Da aber Lohndumping noch kein Massenphänomen sei, warne er vor Aktionismus. Söder sagte dem "Münchner Merkur", der "massive Einfall osteuropäischer Einmannbetriebe" müsse verhindert werden. (APA/AP)