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Die WM-Sechste Ivona Dadic ist finanziell nicht am Sand, macht aber auch keine großen Sprünge.

Foto: Reuters/Martinez

London/Wien – Matthias Bühler blieb im WM-Semifinale auf der Strecke. Das fiel weniger auf als Interviews, die der deutsche Hürdensprinter in London gab. "Unterirdisch" nannte er die Sportförderung in Deutschland. "Meine Eltern sind mein Hauptsponsor." Wolle man als Sportler reüssieren, müsse man bei der Bundeswehr oder der Polizei anheuern, aber auch da sei man "sportlich eingeschränkt". Bühler: "Als Olympiateilnehmer bekommt man wenig Anerkennung, ein durchschnittlicher Bundesligafußballer wird auf Händen getragen."

Da ist schon etwas dran, andere deutsche Sportler haben sich in jüngerer Vergangenheit ganz ähnlich geäußert. Deutschland kriegt in den olympischen Kernsportarten zunehmend Probleme, die man in Österreich längst kennt. Vielleicht ist auch deshalb hierzulande der Jammer weniger groß. "Jammern hilft nie", sagt Gregor Högler, Sportdirektor im Verband (ÖLV). "Niemand zwingt uns, das zu machen. Und jedem, der mit Leichtathletik beginnt, muss klar sein, dass er damit kaum etwas verdienen wird."

Wie kommen Leichtathletinnen und Leichtathleten in Österreich über die Runden? Högler gibt Bühler teilweise recht. "Ohne Bundesheer wäre es schwierig." Siebenkämpferin Ivona Dadic und Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger, die in London als Sechste und Neunter herausragten, besetzen zwei von elf Zeitsoldatenplätzen des ÖLV. Das Heer versichert und sorgt für eine finanzielle Grundlage. Bei Dadic muss man froh sein, dass sie dem Sport nicht den Rücken kehrte, nachdem sie wegen einer weniger guten Saison ein Jahr lang ihren Bundesheerplatz verloren hatte. Sie biss sich durch und kehrte zurück.

Sold und Förderungen

Zehn Grundwehrdiener sowie zwei Grundwehrdienerinnen mit leichtathletischem Hintergrund kommen jährlich dazu, sie können sich nach der Grundausbildung voll aufs Training konzentrieren. Die ungleiche Verteilung der GWD-Plätze ist damit begründet, dass Frauen nicht der Wehrpflicht unterliegen. Sportlich gesehen ist sie widersinnig – in der Leichtathletik gibt's mehr weibliche als männliche Talente.

Zum Sold, der für Weißhaidinger und Dadic knapp über tausend Euro liegt, kommen Förderungen von Bund, Land und Verein sowie Sponsorleistungen hinzu. Weißhaidinger wird von Energie AG, Nike und Rieder Bier unterstützt, Dadic von Harreither und Nike. Beiden wird ein Auto zur Verfügung gestellt, Weißhaidinger ein Toyota, Dadic ein Mazda. Högler: "Sie kommen als Spitzensportler gut durch, können ihren Sport professionell betreiben. Aber sie können sich nichts zur Seite legen."

Hier würde Högler gerne einen Hebel angesetzt sehen. Wer wirklich international erfolgreich sei, der solle davon auch finanziell profitieren. Die Hoffnung ist allerdings nicht übermäßig groß – man denke nur an die Segler Thomas Zajac und Tanja Frank, die in Rio de Janeiro 2016 Bronze holten, aus Österreichs erster Olympiamedaille seit 2008 aber kaum Kapital schlagen konnten.

Bolt und Farah treten ab

Zwei, um die man sich keine Sorgen machen muss, verlassen in London die große Bühne. Der Jamaikaner Usain Bolt, über 100 Meter von Justin Gatlin besiegt, will am Samstag im Sprintstaffelfinale siegreich abtreten. Und der Brite Mo Farah, der die 10.000 Meter gewann, will am Sonntag den 5000-m-Titel folgen lassen und dann zum Marathon wechseln. Für Bolt (30) wäre es der zwölfte WM-Titel, für Farah (34) der siebente. (Fritz Neumann, 11.8.2017)