Wien – Rap in Vienna: Der Auftakt zur dritten Ausgabe des Rock in Vienna auf der Donauinsel stand am Freitag ganz im Zeichen des Sprechgesangs – und der Hitze. Bei hochsommerlichen Temperaturen wurden um 16.30 Uhr die Pforten geöffnet.

Die mehr oder weniger offizielle Begrüßung erfolgte am späten Nachmittag durch den Rapper Appletree: "Rock in Vienna, wie sieht's aus? Sollen wir den Scheiß starten?" Der junge Wiener bemühte sich redlich, die zunächst noch sehr überschaubare Festival-Crowd zu kollektiven Moves zu bewegen. Ein Teil des Publikums übte sich jedoch in der angesichts des Wetters naheliegenden Disziplin "Sitzen im Schatten".

Appletree hat dem Vernehmen nach bereits im zarten Alter von 12 Jahren dem Rap gefrönt. Nun, doch einige Jahre später, hat ihn der große Samy Deluxe unter Vertrag genommen. Die jüngste Veröffentlichung ist eine EP mit dem Titel "Zwischen Stiernacken und Tiermasken". Die aktuelle Single "Ihr kriegt mich nicht mehr weg" wurde gleich in der Anfangsphase des Gigs serviert. Sie erfreut mit der schönen Textzeile: "Ich muss meine Zeit nicht mehr vergeuden, beginne mein Wochenende Dienstags so wie Michael Häupl."

Eislutscher für's Volk

Nach Appletree stand mit Ferdinand Sarnitz alias Left Boy ein weiterer – wenn auch prominenter – Vertreter der heimischen Beat-Zunft an. Er galt vor wenigen Jahren als möglicher Kandidat für eine Weltkarriere, also zumindest, bis es wieder ziemlich still um ihn wurde. Das nicht unschräge Comeback wurde durchaus bejubelt – von offenbar treuen Fans.

"You missed me?" – Die Frage des Mannes mit den leuchtend orangen Shorts wurde auf der Donauinsel mit einem begeisterten "Yeah" beantwortet. Man kennt sich. Und so schien es auch niemanden zu überraschen, dass der Wiener Ferdinand Sarnitz mit dem Wiener Publikum auf Englisch parlierte.

Geboten wurde Altes und Neues – immerhin hat der Sohn von Andre Heller für August ein Album angekündigt. Dass Genres wie Hip-Hop, Jazz, Latin oder Electroswing von Left Boy fröhlich gemixt werden, passte zur lustigen Show. Gut funktionierten etwa das Lana-Del-Rey-Sample "Video Games", der Song "Dangerous" oder – einer der Klassiker im Left-Boy-Universum – "Jack Sparrow", das als Zugabe aufgeboten und heftig akklamiert wurde.

Erwachsenenprogramm

Danach war Schluss mit Miniclub: Mit der US-Combo House of Pain enterten Legenden die Bühne, die ihren letzten Longplayer in jenem Jahr veröffentlicht haben, in dem so mancher Left-Boy-Fan vermutlich erst geboren wurde: 1996. Das Erwachsenenprogramm wurde von den Kids freundlich, aber doch eher reserviert aufgenommen.

Die wiedervereinte US-Supergroup mit den Zeremonienmeistern Everlast (Erik Schrody) und Danny Boy (Daniel O'Connor) boten eine solide Show ganz ohne Firlefanz. Trotzdem: Stimmung kam erst beim Abschlusssong, dem Mega-Klassiker "Jump Around" auf. Ebenfalls sehr schön: ein Cover von Johnny Cashs "Folsom Prison Blues".

Jung und Alt feierten schließlich gemeinsam mit dem Erfolgs-Duo Macklemore& Ryan Lewis. Die Gäste von der US-Westküste boten eine perfekt choreografierte Show mit Hits wie "And we Danced", "Downtown" oder "White Walls". Macklemore alias Ben Haggerty machte den durchwegs begeisterten Inselgästen ein Kompliment: "Beautiful People!"

13.000 Gäste am Tag eins

Konkrete Zahlen gab es von den Veranstaltern: Am ersten Tag sind rund 13.000 Menschen zum Rock in Vienna geströmt, hieß es am Freitagabend. Ungeachtet des wegen Terrorgefahrs unterbrochenen deutschen Festivals "Rock am Ring" ist das Wiener Festival bisher ohne nennenswerte Zwischenfälle über die Bühne gegangen. Auch das Innenministerium hat aktuell keine Hinweise auf einen Bezug nach Österreich.

"Selbstverständlich bemühen wir uns laufend um nähere Informationen aus Deutschland. Die Lage-Beurteilung wird begleitend angepasst. Derzeit leiten sich keine Konsequenzen in Österreich ab", sagte Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck.

Heuer sind 20 Bands mit dabei, wobei es nur mehr eine anstelle von zwei Bühnen gibt. In Sachen Ticket-Verkäufe hält sich der Veranstalter Blue Moon noch bedeckt. Im Vorjahr sind jedenfalls an drei Tagen rund 90.000 Menschen auf der Insel empfangen worden – wo in drei Wochen mit dem Donauinselfest schon wieder ein Megaevent auf dem Programm steht, wenn auch dann bei freiem Eintritt. (APA, 3.6.2017)