Ein Prost auf die transatlantischen Beziehungen? In einem Bierzelt in München-Trudering wollte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel dies nicht automatisch so sehen, sondern kritisierte Donald Trump.

Foto: AFP / dpa / Sven Hoppe

Die Vorwürfe Donald Trumps an Deutschland sind nicht neu, aber in direkter Reaktion auf Merkels Rede bekamen sie eine neue Brisanz.

Foto: APA/AFP/NICHOLAS KAMM

Politologin Ulrike Guerot über Donald Trump nach dessen Europareise.

ORF

Was für ein Besuch. Der Mann, den die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag im Berliner Kanzleramt empfängt, ist freundlich, zurückhaltend, er lobt die Gastgeberin auch noch überschwänglich. Merkel wolle, dass Europa stark bleibt – "und wir teilen diese Vision", sagt der indische Premier Narendra Modi.

Aus seiner Delegation sickert zudem durch, dass Indien selbst dann am Pariser Klimaschutzabkommen festhalten werde, wenn die USA aussteigen. Merkel, die den G7-Gipfel mit Donald Trump hinter sich hat, steht neben Modi und schaut nicht unglücklich aus.

Andere Partner für Deutschland

Natürlich waren die deutsch-indischen Regierungskonsultationen schon lange im Berliner Terminkalender vermerkt. Aber der Zeitpunkt passte gut. Nachdem Merkel am Sonntag in ihrer weltweit beachteten Bierzelt-Rede im bayerischen Trudering auf Distanz zu den USA gegangen war, konnte sie wenig später in Berlin schon demonstrieren, dass es auch noch andere Partner gibt und dass sie die festgefahrenen Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indien wiederbeleben will.

"Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, sind ein Stück weit vorbei", hatte sie bei einer CSU-Veranstaltung erklärt und minutenlangen Applaus bekommen. Trump hingegen war not amused.

Er war am Dienstag offenbar kaum aufgestanden, da twitterte er bereits: "Wir haben ein MASSIVES Handelsdefizit mit Deutschland, außerdem zahlen sie VIEL WENIGER, als sie sollten, für Nato und Militär. Sehr schlecht für die USA. Das wird sich ändern."

Die Vorwürfe an Deutschland sind nicht neu, Trump hatte sie auch schon im Wahlkampf mehrfach geäußert. Aber in direkter Reaktion auf Merkels Rede bekamen sie eine neue Brisanz.

"The Germans are very bad"

Tage zuvor hatte sich Trump in Brüssel abfällig über die Deutschen geäußert: "The Germans are bad, very bad." Und weiter: "Schauen Sie sich die Millionen von Autos an, die sie in den USA verkaufen. Fürchterlich. Wir werden das stoppen." Dabei werden sie zum Großteil in den USA gebaut.

Doch auch Merkel gibt nicht klein bei. Zwar betont sie, dass das Treffen mit den Indern, bei dem verstärkte Kooperationen vereinbart wurden, "in keiner Weise gegen irgendwelche anderen Beziehungen gerichtet" sei; und schon gar nicht gegen die transatlantischen Beziehungen, "die historisch für uns von großer Wichtigkeit sind und auch in Zukunft bleiben werden". Aber sie wirbt noch einmal für eine größere Eigenständigkeit: "Europa muss ein Akteur sein, der sich auch einmischt international."

Merkels ungewöhnlich scharfe Kritik an Trump hat auch bei der SPD rege verbale Aktivitäten ausgelöst. Die deutschen Sozialdemokraten wollen offensichtlich nicht hintanstehen, zumal Merkel nach ihrer Bierzelt-Rede viel Aufmerksamkeit in den Medien bekam.

SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz bezeichnet Trump als "Zerstörer aller westlichen Werte, wie wir es in dieser Form noch nie erlebt haben". Und er fordert: "Man muss sich einem solchen Mann mit seiner Aufrüstungsideologie in den Weg stellen." Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sieht "einen Ausfall der Vereinigten Staaten als wichtige Nation" und sagt: "Wer dieser US-Politik nicht entgegentritt, macht sich mitschuldig."

Rücktritt in "Meck-Pomm"

Schulz, dessen SPD in Umfragen weiter abrutscht und wieder bei 25 Prozent liegt, musste sich am Dienstag allerdings verstärkt auf Innenpolitik konzentrieren. In Mecklenburg-Vorpommern trat wegen einer Krebserkrankung überraschend der populäre Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) nach acht Jahren im Amt zurück. Ihm wird Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD), die aus "Meck-Pomm" stammt, nachfolgen.

In ihr Amt wiederum wechselt SPD-Generalsekretärin Katarina Barley, was für Schulz nicht unpraktisch ist, da Barley zuletzt wegen der sinkenden Umfragewerte in der Kritik stand. Neuer "General" wird Hubertus Heil, der diesen Job schon von 2005 bis 2009 ausübte. (Birgit Baumann aus Berlin, 30.5.2017)