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Eine Reise nach Brüssel musste Kanadas Premier Justin Trudeau vergangenen Herbst absagen. Am Donnerstag soll er im Europaparlament in Straßburg eine Rede halten. Schon am Mittwoch stimmt das Plenum über den Vertrag ab.

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Letztes Aufbäumen der Ceta-Gegner: Mehrere Demonstranten legten sich vor dem Parlamentsgebäude auf den Boden und bildeten eine Art Kette.

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Der Protest verzögerte den Beginn der Parlamentssitzung.

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Das Abstimmungsergebnis werden die Demonstranten nicht beeinflussen können.

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Seit drei Monaten ist es um Ceta relativ still geworden. Abgesehen von einer Volksbefragung in Österreich über das umstrittene Freihandels- und Investitionsabkommen der EU mit Kanada, bei der 562.552 Wahlberechtigte für den Stopp des Pakts unterschrieben haben, spielte es in politischen Debatten in den meisten EU-Staaten kaum eine Rolle – anders als im vergangenen September und Oktober. Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten schockierte Europas Politiker.

Kurz davor hatten sich neben Grünen, Linkspartei, den EU-skeptischen rechten Fraktionen und Teilen der Sozialdemokraten im Europaparlament auch einige Regierungen im Finale der Verhandlungen mit den Kanadiern gegen einen Abschluss quergelegt. Auch Bundeskanzler Christian Kern war eigens zu EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker gereist: Rechtsverbindliche Zusatzerklärungen sollten Zweifel am Streitbeilegungsmechanismus zum Schutz von Investoren oder zur Rechtslage im Umwelt- und Sozialbereich ausräumen.

Wochenlange Nachbesserungen

Wochenlang wurde hin- und herverhandelt, gestritten, "nachgebessert". Ein EU-Kanada-Gipfel musste abgesagt werden, Premier Justin Trudeau stornierte seinen Flug nach Europa, ehe man sich Anfang November doch einigte und den Vertrag zeichnete.

Am Mittwoch wird die Debatte zum Ceta-Komplex im EU-Parlament in Straßburg wieder voll aufleben. Für Mittag ist die Abstimmung über das Abkommen angesetzt, davor eine Aussprache darüber, ob der Freihandelspakt wie vorgesehen in Kraft treten soll. Auf Vorschlag der Kommission hatten sich die 28 Regierungschefs der EU darauf geeinigt, dass Ceta ab 1. Jänner vorläufig und in Teilen gelten solle: alle Teile, die in reine Kompetenz der Union fallen (wie Zölle oder nichttarifäre Handelserleichterungen), sofort; jene Teile, die die nationale Gesetzgebung und Kompetenz betreffen, müssen in nationalen Parlamenten ratifiziert werden, bevor Ceta als Ganzes wirkt. Das kann Jahre dauern (siehe Wissen).

Weil viele EU-Abgeordnete Bedenken hatten, einigte man sich auf eine Verschiebung der Abstimmung von Dezember auf das Februarplenum. Die Kommission sieht nun vor, dass Ceta im Falle einer Annahme ab 1. März gilt. Am Tag vor dem "Tag der Wahrheit, wie man es mit der EU-Außenhandelspolitik hält", wie ein Abgeordneter feststellte, sah es auch ganz danach aus.

SP-Fraktion gespalten

Erhebungen in den Fraktionen ergaben, dass gut 400 EU-Abgeordnete dafür stimmen werden – die Christdemokraten (EVP) und Liberalen (ALDE), praktisch geschlossen, vermutlich auch zwei Drittel bei den Sozialdemokraten (S&D). Die Grünen und die Linksfraktion (insgesamt gut 100 Abgeordnete) stimmen mit Nein, nach Angaben der mit der Sachmaterie befassten SPÖ-Abgeordneten Karoline Graswander-Hainz auch etwa 70 SP-Abgeordnete, aus Frankreich und Belgien unter anderem. Unklar ist, wie viele in EU-skeptischen Rechtsfraktionen sich an der Abstimmung beteiligen. Sie sind in der Regel gegen EU-Beschlüsse beziehungsweise bleiben fern.

Für innerparteiliche Spannungen sorgten die fünf EU-Abgeordneten der SPÖ. Sie werden wie alle von Grünen und FPÖ gegen Ceta stimmen, auch wenn SPÖ-Chef Kern dafür wirbt. Begründung von Graswander-Hainz: Man sei nicht gegen Handelsabkommen als solche, falle dem Kanzler nicht in den Rücken, aber was auf dem Tisch liege, reiche nicht aus. Die fünf EU-Abgeordneten der ÖVP stimmen für Ceta, ebenso Angelika Mlinar von Neos.

Demonstration verzögerten Sitzungsbeginn

Der Beginn der Parlamentssitzung wurde Mittwochfrüh durch eine Demonstration von Ceta-Gegnern verzögert. Parlamentspräsident Antonio Tajani erklärte, dass die Sitzung später beginnen werde, da zahlreiche Abgeordnete nicht ins Haus gelangen könnten. "Ich möchte so viele wie möglich im Plenum haben", deswegen werde später begonnen.

Tajani entschuldigte sich bei Handelskommissarin Cecilia Malmström, die zu den Ersten gehörte, die im Plenum eintrafen. Vor dem Gebäude hatten sich hunderte Demonstranten versammelt, ketteten sich aneinander, legten sich auf den Asphalt vor dem Eingang und hinderten damit zahlreiche Abgeordnete, rechtzeitig ins Parlament zu gelangen. (Thomas Mayer aus Straßburg, red, 15.2.2017)