Wer nach der Ablehnung des Asylantrags im Land bleibt, begeht kein strafrechtliches Vergehen, trotzdem sollen Betroffene bis zu sechs Wochen in Ersatzhaft kommen.

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Wer das Land nicht binnen einer Frist verlässt, soll eingesperrt werden: Dieser Plan ist Teil des Pakts, durch den die vormals zerstrittene Bundesregierung zueinandergefunden haben soll.

Konkret, so erfuhr der STANDARD, schwebt der Regierung ein Zwei-Stufen-Plan vor:

Gebietsbeschränkung: In die erste Stufe kommen abgelehnte Asylwerber nach rechtskräftiger Ablehnung ihres Asylantrags. Das sind eigene Gebäude, in denen die Betroffenen "Unterkunft, Essen, Trinken, Kleidung und Rückkehrberatung", aber kein Taschengeld bekommen, sagt die Sprecherin von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), Katharina Nehammer. In dieser Zeit dürfen sie sich nur innerhalb der Bezirksgrenzen bewegen. Werden sie in einem anderen politischen Bezirk erwischt, drohen ihnen – wie auch all jenen, die sich rechtswidrig im Land aufhalten – Geldstrafen zwischen 5.000 und 15.000 Euro. Alle abgelehnten Asylwerber haben die Pflicht, binnen einer Frist das Land zu verlassen. Tun sie das nicht, kommen sie in die zweite Stufe, in die sogenannten

Rückkehrzentren: Laut Plan sind das geschlossene Einrichtungen, die keinesfalls verlassen werden dürfen – außer zum Zweck der Ausreise. Doch selbst die erfolge strikt unter Polizeibegleitung, heißt es auf STANDARD-Nachfrage.

Haft ohne Haftgrund – geht das? Ohne Details zu kennen, sei eine Einschätzung zwar schwierig, sagt Gerhard Muzak, Professor für Verwaltungsrecht an der Universität Wien. Menschen einzusperren, ohne dass Gründe für Schubhaft oder Strafhaft vorliegen, "erscheint mir aber problematisch".

Keine pauschale Haft

Die Menschenrechtskonvention sehe Ausnahmen vom Recht auf Freiheit nur aus ganz bestimmten Gründen vor – eben beispielsweise für strafrechtliche Verfolgung oder für die Sicherung einer Abschiebung in der Schubhaft. Bei Personen, die dauerhaft nicht abschiebbar sind, komme eine Schubhaft nicht in Betracht. Denkbar sei nur, dass man in bestimmten Fällen das Nichtausreisen selbst zum Straftatbestand erhebe, so Muzak.

Fakt ist, dass der Staat heute noch weniger oft Schubhaft verhängt – und verhängen darf – als früher. Was unter anderem daran liegt, dass "die Judikatur die Möglichkeit einer Schubhaftverhängung eingeschränkt hat", sagt ein Sprecher des Innenministeriums. Heute müsse "ein ganz konkreter Zusammenhang zur Schubhaft" bestehen. Anders gesagt: Ist eine Abschiebung nicht in Sicht, darf auch nicht inhaftiert werden.

Doch genau das schwebt der Regierung vor. Sie argumentiert so: Man sperre zwar Menschen ein, aber das sei keine Haft, denn eine Ausreise sei ja möglich.

Definitionssache

Das Rückkehrzentrum aus anderen Gründen zu verlassen, etwa für das Begräbnis oder die Hochzeit von Angehörigen, sei aber definitiv nicht erlaubt, bestätigt die Sprecherin. Freiheitsentziehung ja, Haft nein, so die Definition des Ministers, die den hauseigenen Juristen wohl noch einiges an Kopfzerbrechen bereiten dürfte.

Auf die Frage, wie lange die Betroffenen maximal angehalten werden sollen, sagt die Sprecherin: "Bis sie ausreisen." Und wenn das nicht passiert? Dann würden Strafen verhängt – bis zu 15.000 Euro. Wenn trotzdem keine Ausreise erfolgt? "Dann wird abgeschoben." Und wenn, wie derzeit häufig der Fall, gar nicht abgeschoben werden kann, weil sich kein Land für zuständig erklärt? Das wisse man noch nicht, sagt die Sprecherin, das werde derzeit erst geklärt. Dass jemand für lange Zeit interniert wird, schließt Nehammer jedoch aus: "Nicht länger als ein paar Wochen" werde die Festhaltung dauern.

Dass das Zwei-Stufen-Modell, bei allen unklaren Details, jedenfalls markante Mehrkosten bringt, wird im Ministerbüro bestätigt. (Maria Sterkl, 1.2.2017)