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Nokia muss sich bei seiner Rückkehr ins Smartphone-Geschäft einem schwierigen Marktumfeld stellen.

Foto: Reuters

Einst war der finnische Konzern Nokia Marktführer bei Mobiltelefonen. Doch in Espoo verschlief man den Einstieg ins Smartphone-Zeitalter. Als Nachzügler-Duo gemeinsam mit Microsoft und dessen Windows Phone-System startete man schließlich eine letztlich erfolglose Aufholjagd und ließ sich die Mobilgeräte-Sparte abkaufen. Der Rest ist Geschichte.

Nun darf Nokia nun wieder unter eigener Marke Smartphones auf den Markt bringen. Und das hat man auch vor, ein erstes Gerät wurde bereits auf der CES in Las Vegas vorgestellt. Das Comeback ist allerdings eine Mission, die schnell scheitern könnte. Eine Analyse.

Schwierige Marktlage

Zur Ausgangsposition: Was Nokia neben Know-how als erfahrener Telekommunikationskonzern einbringt, ist vor allem ein bekannter und geschätzter Name. Trotz des Microsoft-Intermezzos liegt die Marke immer noch gut in diversen Rankings. Neben dem Nostalgiefaktor könnte dies auch daran liegen, dass der ausbleibende Erfolg von Windows Phone weniger den von Nokia hergestellten Lumia-Handys, sondern mehr der Plattform selber zugeschrieben wird. Bei der Rückkehr setzt man mit Android auf ein bewährtes Pferd und muss sich nicht darum sorgen, ob künftigen Kunden ein reichhaltiges Sortiment an Inhalten und Apps zur Verfügung steht.

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Doch die Ausgangslage für einen Neueinstieg ist denkbar schwierig. Der Smartphone-Markt stagniert mittlerweile. Während die Zahlen in westlichen Märkten teils rückläufig sind, hat das Wachstum in einstigen Schwellenmärkten stark abgenommen. Dazu muss man es mit einer Fülle an Mitbewerbern aufnehmen, von denen einige eine Abnutzungsschlacht führen.

Nennenswerte Gewinne fahren nur Apple und Samsung ein. Daneben halten sich auch noch Huawei, Oppo einigermaßen gut. Andere, namhafte Konkurrenz, arbeitet mit wechselhaftem Erfolg. Viele Unternehmen schreiben alleine mit ihren Smartphones schon seit Jahren Verluste.

Gute Technik reicht nicht mehr

Will Nokia seinen Namen nicht in kürzester Zeit mit einem schnellen "Moneygrab" in die Geldtaschen treuer Anhänger versenken, benötigt man eine ausgeklügelte Strategie, die über Smartphones alleine hinaus geht. Denn gute Geräte bauen auch viele andere Firmen. Das erste Gerät von Nokia, das "6", ist für den chinesischen Markt gedacht und ausstattungstechisch unspektakulär. Und sollten bisherige Leaks stimmen, so ist bei den kommenden Smartphones ebenfalls nicht mit besonderen Überraschungen zu rechnen.

Einzig in Bezug auf die Kamera dürfte man Größeres vorhaben. Aber auch da gilt: Schöne Fotos gelingen auch mit einem iPhone 7 oder Samsung Galaxy S7, die erst einmal ausgestochen werden wollen.

Lernen von Xiaomi und OnePlus

Nokia bzw. das für die Mobiltelefone gegründete Unternehmen HMD Global sollte daher von Firmen wie Xiaomi oder OnePlus lernen und nicht von Herstellern wie HTC und Sony, argumentiert man bei The Verge. Letztere versuchen, im Premium-Preissegment die Marktführer mit ihren eigenen Waffen zu schlagen, was seit Jahren verlässlich nicht funktioniert.

Xiaomi und OnePlus hingegen nutzen ihre Smartphones als Mittel zum Zweck. Xiaomi hat einen eigenen Appstore, Cloudservice, Accessoires, Laptops und viele andere Dienste und Produkte, an die Kunden über die eigenen Handys herangeführt werden. Diese werden zu vergleichsweise niedrigen Preisen abgegeben und wissen trotzdem qualitativ zu überzeugen.

OnePlus liefert ebenfalls beachtlich gute Geräte, spart Kosten durch virales Marketing und Direktverkauf und verdient ein Zubrot mit Zubehör und Merchandise. Ähnliche Strategien verfolgen mittlerweile auch die "Diskont-Töchter" etablierter Hersteller, etwa Lenovos ZUK, ZTEs Nubia oder Huaweis Honor.

Die Chance ist klein, aber sie lebt

Gute Geräte sind für eine erfolgreiche und nachhaltige Nokia-Rückkehr nur die halbe Miete. Das Geschäftsmodell darf sich nicht nur um die Handys drehen, sondern sollte mehr Anknüpfungspunkte für die Marke schaffen. Gleichzeitig darf man die Anziehungskraft des Namens auch nicht überschätzen. Mit Spitzenpreisen in die Schlacht zu ziehen, so wie man es mit den Lumia-Spitzenhandys praktiziert hat, wäre mit hoher Sicherheit der Beginn eines kurzlebigen Experiments.

Dass man über mehr als nur Smartphones nachdenkt, dafür gibt es zumindest Indizien. Denn Nokia hat heuer das Unternehmen Withings eingekauft, einen Hersteller von Fitness-Wearables. Gelingt es, ein Angebot aus mehreren Geräten zu schaffen, die zusammen guten Mehrwert bieten, kann Nokias Rückkehr gelingen. Versucht man jedoch, nur mit den eigenen Smartphones aufzufallen, wird man auch im zweiten Anlauf scheitern. (gpi, 29.01.2017)