Nichts von dem, was Jean-Claude Juncker am Jahrestag des Mauerfalls in Berlin zur europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik inhaltlich sagte, war neu – bis hin zur Schaffung einer EU-Armee: Die EU-Partner müssen ihre Kräfte bündeln; Soldaten und Material ihrer nationalen Armeen besser aufeinander abstimmen, verschränken, Kosten teilen; sie brauchen letztlich sogar ein eigenes Hauptquartier.

All das ist im Grundsatz bereits Beschlusslage. Es wurde zuletzt beim EU-Sondergipfel in Bratislava bestätigt.

Denn spiegelgleich dazu soll auch die Nato aus- und umgebaut werden, das transatlantische Bündnis, dem 22 von 28 Staaten der Union angehören – alle großen und strategisch wichtigen EU-Länder. Die Europäer müssen im Blick auf Syrien und Ukraine, auf die Migrationskrise ein starker "Pfeiler" sein, viel mehr Verantwortung übernehmen, auch Kosten. So lautete das Vermächtnis von Noch-US-Präsident Barack Obama beim Nato-Gipfel in Warschau.

Was also realiter längst auf dem Weg war, das bekommt durch die Wahl von Donald Trump allerdings plötzlich Brisanz für die Europäer. Als Rechtspopulist ist er ein gnadenloser Übertreiber der realen Politik. Es wird nicht dazu kommen, dass die USA aus Europa quasi "aussteigen", wie Trump dröhnte. Aber die Europäer müssen dringend umdenken. Das war die eigentliche Botschaft Junckers. Das Umrüsten läuft bereits seit längerem. (Thomas Mayer, 10.11.2016)