"ZiB"-Anchorwoman Lou Lorenz-Dittlbacher interviewte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache – etwa im Mai 2016.

Foto: Screenshot / Youtube

Wien – Susanne Fürst, von der FPÖ-Bildungsakademie in den Publikumsrat des ORF entsandt, rät dem ORF, seine Wahlberichterstattung "zu überdenken", "mehr Objektivität einziehen zu lassen" und zu "mehr Sachlichkeit". Ihre Vorwürfe an "ZiB"-Anchorwoman Lou Lorenz-Dittlbacher dürften eher nicht unter diese Sachlichkeit fallen.

Lorenz-Dittlbacher "setzt einen bösen Blick wie eine Klapperschlange auf, wenn sie Herrn Strache interviewt", erklärte Fürst am Mittwoch im ORF-Publikumsrat.

Kritik an Fischer-Interview

Fürst kritisierte zudem ein Interview mit Exbundespräsident Heinz Fischer in der "ZiB 2". Fischer habe dort "minutenlang die Gelegenheit gehabt darzulegen, warum er den Van der Bellen gewählt hat im Mai, und warum er es wieder tun wird". Fischer habe Vorzüge Van der Bellens aus seiner Sicht "des Langen und Breiten dargestellt". Und ohne den Namen des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer zu nennen, habe er diesen "mit Populismus und Polarisierung gleichgesetzt".

"Publikum für minderbemittelt"

"Höhepunkt" des Interviews aus Fürsts Sicht: Lorenz-Dittlbacher wie Fischer hätten am Schluss erklärt, dass diese Aussagen Fischers keine Wahlempfehlung seien. Offenbar hielten sie "die Zuschauer für minderbemittelt", sagte Fürst im Publikumsrat – "wenn man eine minutenlange Wahlempfehlungen macht, und dann sagt, das war keine Wahlempfehlung".

ORF-General Alexander Wrabetz wies den Vorwurf mangelnder Objektivität zurück. Das Interview mit Fischer sei "journalistisch legitim".

Beschwerde über Dittlbacher

Die freiheitliche Publikumsrätin hat den Beschwerdeausschuss des ORF-Gremiums mit einem Auftritt von TV-Chefredakteur Fritz Dittlbacher zur Bundespräsidentenwahl befasst. Dittlbacher hatte in einer Analyse Alexander Van der Bellen mit dem Begriff Sicherheit in Verbindung gebracht, Hofer mit Eskalation, berichtete der bürgerliche Ausschussvorsitzende Karl Guschlbauer. Laut Guschlbauer hat Dittlbacher im Ausschuss eingeräumt, dass der Begriff nicht ganz präzise war; der Beschwerdeführerin reichte das nicht.

Die ORF-Fernsehinformation trenne Berichterstattung, Sachanalyse und Kommentar nicht klar genug und und kennzeichne sie nicht ausreichend, findet Guschlbauer grundsätzlich: "Im Sinne der Qualitätssicherung sollte man die Dinge in Zukunft besser auseinanderhalten." Die Aussagen Dittlbachers wären in einem Meinungskommentar "okay", in einer Sachanalyse seien sie aber "grenzwertig".

Guschlbauer hat den Programmausschuss des Publikumsrats gebeten, sich mit Trennung und Kennzeichnung zu beschäftigen.

Die nächste Publikumsstudie des ORF-Publikumsrats erfragt übrigens, wie die Zuschauerinnen und Zuschauer die Inlandsberichterstattung des ORF sehen. (red, 9.11.2016)