Pro: Strategische Optionen

von Michael Völker

Die SPÖ hat sich der ÖVP, ihrem aktuellen Koalitionspartner, auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Und es geht nichts weiter. In der Regierung herrschen Stillstand und Blockade. Und sollte es tatsächlich Neuwahlen im kommenden Frühjahr geben, was durchaus wahrscheinlich ist, hätte die SPÖ – im Gegensatz zur ÖVP – wiederum keine andere Alternative, wenn sie die FPÖ als Regierungspartner ausschließt. Eine Mehrheit mit Grünen und Neos zeichnet sich nicht ab. Dann könnte wiederum die ÖVP die Bedingungen für eine Koalition diktieren – und ändern würde sich genau gar nichts.

Es scheint also durchaus sinnvoll, wenn die SPÖ ihr kategorisches Nein zur FPÖ, das in der Praxis ohnedies nicht mehr existiert, überdenkt – und sich aus strategischem Kalkül alle Optionen offenhält. Der Plan, einen Kriterienkatalog für eine allfällige Koalition mit wem auch immer, aber eben auch mit der FPÖ auszuarbeiten, ist ein kluger Ansatz. Diese Vorgangsweise sollte auch alle parteiinternen Fraktionen zufriedenstellen, wenn klar geregelt wird, was die Ansprüche an einen Partner in der Regierung sind.

Notwendig wären etwa ein klares Bekenntnis zur Europäischen Union, eine Akzeptanz der Menschenrechte und eine glaubwürdige Absage an Hetze jeglicher Art. Die FPÖ in ihrem jetzigen Zustand wäre dazu allerdings nicht in der Lage. Das muss auch klar sein, wenn man die Kriterien ernst nimmt. (Michael Völker, 2.11.2016)

Kontra: Nicht einmal anstreifen

von Nina Weißensteiner

Seit der Ära von Franz Vranitzky bis zum Ende der Regentschaft von Werner Faymann war klar: Egal wie unzufrieden man mit der roten Führung sein mag, in einem Punkt war auf sie stets hundertprozentig Verlass – nämlich dass die SPÖ eher jahrelang auf der Oppositionsbank versauert wie unter Alfred Gusenbauer, als jemals mit den Freiheitlichen zu packeln.

Denn jeder, der nicht eingeboren und hetero ist, der nicht zu den kompromisslos Nationalen und zu den Fleißigen gehört, gilt den Blauen als suspekt und dient ihnen als Feindbild – das war unter Jörg Haider so, und so hält es bis heute auch die Riege rund um Heinz-Christian Strache. Dazu zelebriert die FPÖ seit Jahrzehnten lieber die Destruktivität als ihr politisches Hauptgeschäft, als sich lange mit dem Lösen von Problemen des Landes aufzuhalten.

Dafür muss man keinen roten Kriterienkatalog zusammenschustern, um für Stadt, Land (exklusive Pannonien), Bund festzuhalten: Ein Bekenntnis der FPÖ zur EU bliebe ein Widerspruch in sich, denn Strache und Co möchten alles, was aus Brüssel kommt, hierzulande am liebsten mithilfe von Plebisziten für nichtig erklären. Ein Gelöbnis zu Menschenrechten wiederum käme in einer Demokratie westlichen Zuschnitts wie Österreich einer Farce gleich. Und ein Schwur Straches, dass es in seiner Gesinnungsgemeinschaft keine Ausritte mehr in braune Gefilde gibt, wäre wohl so viel wert wie ein alter Reichsmarkschein. (Nina Weißensteiner, 2.11.2016)