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In manchen Umfragen geht es für Hillary Clinton nach unten.

Foto: REUTERS/Brian Snyder

Washington/Wien – Noch vergangene Woche hatte sich Hillary Clinton beruhigt auf Umfragedaten stützen und sich als künftige Präsidentin fühlen können. Nun, wenige Tage später, liegt die Kandidatin der Demokraten in mehreren landesweiten Befragungen nur noch knapp vor Donald Trump. In einigen hat sie der Kandidat der Republikaner überholt.

Den Schuldigen dafür hat das Lager der Demokraten schon ausgemacht: FBI-Chef James Comey, der am Freitag in einem wenig konkreten Brief an den Kongress neue Ermittlungen in der Causa um Clintons E-Mails aus ihrer Zeit als Außenministerin angekündigt hatte, die über einen privaten Server liefen. Auf einem PC des früheren Kongressabgeordneten Anthony Weiner, der des Sextings mit Minderjährigen verdächtigt wird, waren neue Mails gefunden worden, so Medien später. Weiner ist mit Clintons enger Helferin Huma Abedin verheiratet, die sich mittlerweile von ihm getrennt hat.

Comey, so der Vorwurf aus dem Clinton-Lager, greife so in den Wahlkampf ein, obwohl er genau dies eigentlich nicht dürfe. Zugleich bleibe er bezüglich möglicher Hilfe russischer Hacker für Trump stumm. Diese ist erneut Thema, seitdem die Veröffentlichungen interner Mails des Clinton-Wahlkampfteams durch Wikileaks wieder für Schlagzeilen sorgen – etwa jene, dass die Chefin der Demokratischen Partei, Donna Brazile, Clinton im Vorwahlkampf gegen Bernie Sanders Fragen für TV-Diskussionen verraten habe.

Trumps "Unentschlossene"

Dabei sehen die meisten Umfragen bisher nur wenige direkte Auswirkungen der FBI-Ermittlungen. Vielmehr scheint es, als habe Trump schon vorher eine Aufholjagd auf Clinton gestartet. Er profitiert vor allem von Wählerverlusten des libertären Kandidaten Gary Johnson und von einer steigenden Zahl bisher Unentschlossener, die sich nun zu ihm bekennen. Auf diesen beruhen auch die Hoffnungen seiner Strategen: Sie gehen davon aus, dass sich viele Trump-Wähler wegen der negativen Berichterstattung über ihren Kandidaten in Umfragen bisher nicht zu ihm bekannt hätten.

Dafür gibt es in der Tat ein paar Anhaltspunkte: In den Midwest-Staaten Ohio und Iowa, wo Umfragen schon bisher eng waren, gibt es noch immer erstaunlich viele solcher "Unentschlossener". Ebenso im angrenzenden Michigan und in Wisconsin, wo Clinton zwar klar führt, die Trump aber wegen ihrer Bevölkerungsstruktur – viele Weiße, geringe formale Bildung – liegen sollten. Trump kündigte am Montag zusätzliche Auftritte im Mittleren Westen an.

Viele Demokraten interpretieren das wiederum als Zeichen der eigenen Stärke. Weil Daten der bisher 22 Millionen "Early Voters" (mit Stimmabgabe vor dem Wahltag) in vielen traditionellen Swing States für Clinton positiv ausfallen würden, müsse Trump nun nach jedem Strohhalm greifen.

Was die Partei mehr sorgt, sind mögliche Auswirkungen der FBI-Enthüllungen auf die Wahlen zum Senat, wo viele Rennen enger sind. Sollten die Republikaner dort ihre Mehrheit behalten, haben sie angekündigt, "jeden Kandidaten" Clintons für die vakante Stelle im US-Höchstgericht zu blockieren. (Manuel Escher, 1.11.2016)