Wien – Schon sehr bald werden die Höchstrichter sich wieder über eine Wahl den Kopf zerbrechen dürfen: Die EU-Austrittspartei bringt in den kommenden Tagen ihre Anfechtung der Wiederholung der Bezirksvertretungswahl in der Wiener Leopoldstadt beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) ein. Der entsprechende Entwurf sei "im Großen und Ganzen" fertig, sagte Parteiobmann Robert Marschall am Freitag.

Das Konvolut muss spätestens am 24. Oktober, also am Montag übernächster Woche, beim VfGH eintreffen. Dann endet die einmonatige Frist, die mit dem offiziellen Beschluss des Wahlergebnisses durch die Stadtwahlbehörde zu laufen begann.

Umfangreicher Schriftsatz

Laut Marschall war der Rechercheaufwand für die Anfechtung beträchtlich – auch weil ihm der Zugriff auf die Wahlprotokolle verweigert worden sei. "Die Behörde ist an so viel Transparenz offenbar nicht interessiert", mutmaßt Marschall. Trotzdem: Der Schriftsatz, den die EU-Austrittspartei einbringen wird, ist laut Marschall "sehr umfangreich".

Je besser die Anfechtung argumentiert werde, desto größer seien die Chancen, dass die Wahl noch einmal durchgeführt werden müsse, zeigte er sich überzeugt. In den Ausführungen geht es nicht nur um die schadhaften Wahlkuverts.

Grundsatzkritik an Briefwahl

Die Anfechtung beinhaltet auch grundsätzliche Kritikpunkte zum Thema Briefwahl bzw. Wahlkarten. Einer der inkriminierten Punkte in dem Anfechtungsentwurf lautet: "Die Wahlkarten wurden gezählt, ohne dass die Unterschriften auf Echtheit geprüft wurden." Der Wahlleiter habe, so wird behauptet, lediglich kontrolliert, ob "irgendeine Unterschrift" vorhanden war.

Marschall, der laut eigenen Angaben selbst Wahlzeuge war, hat dies schon bei der Auszählung beanstandet. Es sei drauf verzichtet worden, die Signaturen mit jener auf den Briefwahlanträgen oder den Musterunterschriften in der Reisepassabteilung zu vergleichen.

Schlecht verklebte Kuverts

Aber auch die Klebe-Causa wird von den EU-Kritikern – die bei dem Urnengang am 18. September 0,3 Prozent der Stimmen erhielten – ins Treffen geführt. Denn Produktionsmängel sorgten nicht nur bei der letztendlich verschobenen Reprise der Hofburg-Stichwahl für Probleme. Auch bei der Leopoldstadt-Wahl war man mit sich auflösenden Kuverts konfrontiert.

Verzicht auf Tausch der Wahlkarten

Insgesamt wurden 7.422 Wahlkarten ausgestellt – in 3.170 Fällen wurde ein Austausch angeboten, wobei 799 Wahlberechtigte auf diesen verzichteten. Eine Verschiebung der Wahl war laut Rathaus aus rechtlichen Gründen nicht mehr möglich. Marschall drängt darauf, dass der Verfassungsgerichtshof seine Entscheidung kundtut, bevor die neue Bezirksvorsteherin, die Grüne Uschi Lichtenegger, angelobt wird. "Wenn er es geschafft hat, innerhalb von vier Wochen über die Anfechtung der Bundespräsidenten-Stichwahl zu entscheiden, wird er es wohl auch hier schaffen."

Kein Eilverfahren

Die Chancen, dass dieser Wunsch in Erfüllung geht, sind jedoch eher gering: Bei der ersten Anfechtung der Leopoldstadt-Wahl durch die FPÖ im Vorjahr dauerte es Monate, bis der VfGH seine Entscheidung verkündete. Die konstituierende Sitzung der Bezirksvorstehung wird laut derzeitigem Stand hingegen bereits Ende November stattfinden. (APA, 14.10.2016)