"Y Olé!" ist ein Stück, in dem der Flamenco nicht allein tanzt.


Foto: Patrick Berger
Foto: Patrick Berger

St. Pölten – "Und bravo!" – Y Olé! -, ruft der aus spanischer Familie stammende französische Choreograf José Montalvo dem Publikum mit seinem jüngsten Stück zu, das im Flamenco-Programm des Festspielhauses St. Pölten auf Farruquitos Pinacendá folgt. Y Olé! ist ein temperamentvoller Tanzabend, gerade richtig zum Aufwärmen im kühlen November.

Montalvo (62) gehört wohl zu den populärsten Choreografen in Frankreich. Dem österreichischen Publikum ist er in lebhafter Erinnerung durch die heitere Produktion Paradis, die 1998 bei Impulstanz und 2007 im Festspielhaus zu sehen war. Seine künstlerische Partnerin in der 1988 gegründeten Cie. Montalvo-Hervieu war die Tänzerin Dominique Hervieu, die 2008 bis 2011 das auf Tanz spezialisierte Pariser Théâtre National de Chaillot leitete. Dessen Artist in Residence ist Montalvo auch heute unter der Direktion von Didier Deschamps.

Wer an Flamenco denkt, wird sich erst einmal Bilder vorstellen, wie sie in den Arbeiten von Farruquito vorkommen oder in Pedro Almodóvars Film La flor de mi secreto (Mein blühendes Geheimnis, 1995) mit dem legendären Flamenco-Duett von Manuela Vargas und Joaquín Cortés. Aber José Montalvo ist bekannt für seine prickelnden Mischungen, und die liefert er auch in Y Olé!. Hier tanzen die Tänze miteinander, und der Flamenco wird unter anderem von Hip-Hop und Breakdance zur Brust genommen, während Igor Strawinskys Musik Le sacre du printemps den Ton angibt.

Die Tänzerinnen und Tänzer des Ensembles José Montalvo können das, und zwar überzeugend, mit viel Humor, slapstickartiger Lebendigkeit und pantomimischem Können.

Wer an das Stück Paradis (1997) zurückdenkt, wird sich erinnern, dass dieser Spaß nicht nur Oberfläche war, sondern auf hintergründige Art auch die Stimmung der Zeit vor 20 Jahren widerspiegelte. Mit gemischten Gefühlen bereitete man sich auf die Jahrtausendwende vor.

So ist es auch mit Y Olé!, nur die Welt heute sieht ganz anders aus. Hinter seine rasanten, spitzbübischen und artistischen Tanzszenen projiziert Montalvo symbolgeladene Bilder. Da ist etwa eine Mauer mit aufgemalten Wurzeln, oder ein Strand mit einem leeren Boot. Dieses füllt sich mit Passagieren. Ein Hund bellt in ihre Richtung. Und davor huscht zu Kastagnettenrhythmen der Flamenco-Tanz.

Man versteht Monsieur Montalvos Einladung unverzüglich: In der Mischung liegt die Chance auf besondere Qualitäten im Zusammenleben mit Menschen unterschiedlicher Herkünfte.

Dieser Gegenwartsbezug ist mit der Familiengeschichte des Choreografen verbunden: Montalvos Eltern mussten vor der Gewalt des Spanischen Bürgerkriegs (1936-1939) nach Frankreich flüchten – und wurden dort aufgenommen. (Helmut Ploebst, Spezial, 29.9.2016)