Die Wirtschaftskammern in Oberösterreich und Tirol hegen den Verdacht, dass es viele gibt, die sich nur den Stempel abholen wollen.

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Wien – Den Anfang machten die Tiroler. Die Kufsteiner Bezirksstelle der dortigen Wirtschaftskammer hatte ihre Mitglieder aufgerufen, arbeitsunwillige Bewerber zu melden – also solche, die zum Bewerbungsgespräch eher unmotiviert antreten: "Offensichtlich gibt es viele, die sich nur den Stempel abholen wollen", begründete Tirols WK-Direktor Thomas Köhle gegenüber der "Tiroler Tageszeitung" den Vorstoß vor einer Woche. Man wolle ein "Gefühl dafür bekommen, wie viele das tatsächlich sind".

Jetzt machen auch die Oberösterreicher mobil, berichtete das Ö1-"Morgenjournal". Auch dort werden Unternehmer aufgerufen, "Bewerber, die sich der Arbeitsaufnahme verweigern", der WK-Bezirksstelle zu melden. Die gibt dann die Namen an das jeweilige Arbeitsmarktservice (AMS) weiter. Die Wirtschaftskammer Österreich habe mit der Sache aber nichts zu tun.

Resignierte Unternehmen

WK-Oberösterreich-Chef Walter Bremberger erklärt das Vorgehen im ORF-Radio so: "Es haben viele Unternehmer bereits resigniert, beim AMS anzurufen." Die Namen der gemeldeten Personen würden von der WK nicht gespeichert werden, hatten die Tiroler zuvor erklärt. Mittlerweile hätten auch andere Bezirksstellen, nämlich jene in Kitzbühel, Imst und Landeck, derartige Aufrufe gestartet.

Warum die beiden Kammern vorschlagen, den Umweg über die Kammern zu nehmen? Denn Arbeitsunwillige melden können Unternehmen auch direkt beim AMS. Bremberger erklärt das so: Man wolle einen Überblick über die Menge haben und "dann in den AMS-Beiräten nachschauen, was damit passiert". Den Vorwurf der Vernaderung will Bremberger nicht gelten lassen: "Vernaderung ist es in Österreich immer dann, wenn man die Leistungsbereiten schützt und versucht Missbräuche einzudämmen. "

Meldung machen

Die Wirtschaftskammer Österreich plant zwar keine Kampagne wie die Kollegen in Oberösterreich und Tirol, der Leiter der Abteilung Sozialpolitik, Martin Gleitsmann, zeigt aber auf STANDARD-Anfrage vollstes Verständnis für die Initiative. Man empfehle generell allen Unternehmen, Meldungen zu machen, wenn jemand arbeitsunwillig sei.

Ein Vorschlag, der durchaus auch beim AMS-Chef Johannes Kopf auf Wohlwollen stößt, wie dieser im STANDARD-Gespräch sagt. "Wir machen im Jahr zwei Millionen Vermittlungsvorschläge, Rückmeldungen von vielen Betrieben bekommen wir nicht."

Warum das zu selten passiere? Zum einen würden viele Arbeitgeber den bürokratischen Aufwand einer Meldung zu vermeiden versuchen. Zum anderen seien aber die AMS-Mitarbeiter häufig auch derart ausgelastet, dass sie sich nur auf die klassischen Betreuungsaufgaben konzentrieren würden und keine Sanktionen verhängen, meint Gleitsmann. So mancher Unternehmer verzichte daher von vornherein auf eine Meldung, weil beim AMS ohnehin nichts passiere.

Datenschutz

Kopf sieht das anders: "Die Betriebe erfahren aus Datenschutzgründen nicht, was nach ihrer Rückmeldung geschieht." Auch Kopf hat für den Vorstoß der beiden Kammern Verständnis – gerade was Tirol betrifft, wo viele Tourismusbetriebe sich schwer täten, geeignetes Personal zu finden.

Eine Verschärfung der Sanktionen – wie vom Tiroler WK-Direktor Köhle angedacht – hält Kopf nicht für notwendig. Was er schon glaubt: "Eine strenge Vollziehung macht Sinn." Wo er Gleitsmann recht gibt: "Das ist sehr personalintensiv. Und das Arbeitsmarktservice ist derzeit auf vielen anderen Ebenen sehr gefordert." Eine Rückmeldung der Betriebe könne da nur helfen. Auch gegen die Erinnerung, "dass es sich um eine Versicherungsleistung handelt, für die die Beschäftigten aufkommen", hat er nichts. (go, rebu, 1.8.2016)