Grafik: der Standard

Ein gläserner XE 20d AWD verrät etwas mehr über seinen Antrieb.

Foto: Jaguar
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Kitzbühel – Käme die Welt an ein katastrophisches vorläufiges Ende, und spätere Generationen machten sich auf die Suche nach Rohstoffen, sie würden sich wundern, dass sie, wenn sie auf hohe Aluminiumkonzentration stießen, oft auch ein seltsames Emblem mit einer dann vermutlich längst ausgestorbenen südamerikanischen Raubkatze fänden.

Anders als der frühere Pionier Audi hat JLR (Jaguar Land Rover) in den vergangenen Jahren konsequent auf Aluminium (vor allem im Karosseriebau) gesetzt und solcherart das Gewicht der Fahrzeuge teilweise dramatisch reduziert – bei gleichzeitig stetig steigendem Anteil von rezykliertem Alu.

Feinjustierung des Verbrauchs

Das tun die Engländer natürlich nicht aus Jux und Tollerei, sondern aus profanen Erwägungen: Am Fahrzeugverbrauch lässt sich unter anderem via Leichtbau feinjustieren, und dass die Autos dann eine beachtenswerte Leichtfüßigkeit im Fahrbetrieb zeigen, ist ein nicht unerwünschter Nebeneffekt, will man zum Beispiel mit den Chefdynamikern aus Bayern konkurrieren, mit BMW.

Der Jaguar XE konkurriert mit dem BMW 3er – auch was das Kapitel Fahrdynamik angeht.
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Mit dem jüngsten Neuzugang (2015), dem XE – mit 75 Prozent höchster Aluminiumanteil seiner Klasse -, ist das besonders gut gelungen, manche halten ihn fahrdynamisch sogar dem 3er-BMW für überlegen. Das bleibt auch bei der Allradversion so, wie wir dieser Tage in Tirol erfahren konnten, und damit wollen wir das Bild erst einmal einfrieren.

Gourmetprogramm

Jaguar. Allrad. Die machen also nicht nur in Alu, sondern wollen auf allen Vieren aufs Dach der automobilen Welt, wo sich vornehmlich die Deutschen tummeln. Der XE schließt die letzte Lücke, damit sind alle fünf Baureihen außer mit Hinterradantrieb (schon dies ein starkes Argument für Autogourmets) nun auch mit Allrad System Haldex erhältlich.

XE 20d AWD, das lässt auf Diesel schließen, und richtig, als Antrieb fungiert ein bereits bekannter 2,0-Liter-Selbstzünder mit 180 PS aus dem neuen JLR-Motorenwerk. Die nämliche Kombination ergänzt auch das Allradangebot im XF: Neben den 3,0-Liter-V6-Kompressor-Benzinern mit 340 (XF 35t AWD) und 380 PS (XF S AWD) buhlt der XF 20d AWD um vorwiegend europäische Klientel.

Hofffen auf Allrad-Benziner

Dass Jaguar streng nach deutschem Muster vorgeht, wird sicher nicht von Nachteil sein, zu erfolgreich sind BMW, Mercedes, Audi mit diesem Ansatz. Außerdem ist wohl zu erwarten, dass die Einstiegsbaureihe XE bald einmal auch mit Allrad-Benziner unters Volk kommt. Immerhin macht die genannte Konkurrenz das meiste Allradgeschäft in den USA, und die sind und bleiben Otto-Land.

Den XF hat Jaguar gegen Mercedes E-Klasse, BMW 5er und Audi A6 aufgestellt.
Foto: Jaguar

Jetzt aber sind wir in Europa, in der kurvenreichen Tiroler Bergwelt, und lassen das vorher eingefrorene Bild weiterlaufen. Wir blicken gerade von einem Parkplatz hinüber auf die Krimmler Wasserfälle und wechseln gleich vom verallradeten XE auf den XF.

Agil und Handlich

Was ist bisher zu sagen? Grandioses Naturszenario. Es bestätigen sich Schillers Ausführungen über das Erhabene und den "Zauber, womit es unser Gemüth ergreift". Und auch: grandioses Auto. Agil. Handlich. Ideal für genau solche Ecken der Welt, wo man witterungsbedingt oft froh ist über ein gewisses Mehr an Traktion.

Und der XF 20d AWD? Ist mit 4,95 m um 26 cm länger als der XE, schon deshalb ein ganz anderer Typ als der junge Wilde, der XE. Fast schon eine Chauffeurslimousine. Komfortabel. Bequem. Nobel. Etwas behäbig im Duktus, speziell mit Allrad, was auch daran liegen mag, dass der Motor mit 1700 kg Leergewicht zurechtkommen muss; beim XE sind es 1615.

100 Kilogramm mehr

Beide Allradler bringen gegenüber den Hinterradlern etwas über 100 kg zusätzlich auf die Waage – wer vorher so konsequent abgespeckt hat, darf nachher ein paar Kilos zulegen.Der Normverbrauch liegt einen halben Liter höher. Und anders als die Krimmler Wasserfälle fällt Jaguar nicht von oben nach unten, sondern nimmt konsequent den umgekehrten Weg. Wahlweise sogar auf allen vieren. (Andreas Stockinger, 22.5.2016)