er Nissan Leaf ist nicht ohne Grund das weltweit meistverkaufte Elektroauto. Mit einer neuerdings leistungsstärkeren Batterie unter der Haube schaffte er im Test an die 200 km.

Foto: Andreas Stockinger

Der Ladeanschluss befindet sich vorne zwischen den Scheinwerfern.

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Das Cockpit könnte aus einem Raumgleiter stammen.

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Grafik: der Standard

Wien – Wenn einer eine Reise tut, hat er was zu erzählen, insbesondere dann, wenn er elektrisch unterwegs ist. In den meisten Fällen gilt da noch immer die Devise: Das Ziel ist der Weg. Obwohl – es wird besser. Der Nissan Leaf, ein Pionier unter den Elektroautos und das weltweit meistverkaufte, ist neuerdings wahlweise auch mit einer 30- statt nur 24-kWh-Batterie zu haben. Damit, so wirbt der Hersteller, könne man bis zu 250 km elektrisch fahren. In einem durch von Wien bis ins Salzkammergut. Das klingt verlockend. Und auch nicht. Was mach ich mit null Saft im Akku am Attersee?

Ans Meer der Wiener

Wir gehen es erst einmal vorsichtig an und fahren zu einem anderen Gewässer, nach Mörbisch am Neusiedlersee. 70 km in die eine Richtung, 70 in die andere. Das sollte sich nach Adam Riese locker ausgehen, ohne Elektroschock. Die Batterien sind gefüllt, das Ladekabel rasch vom Stecker hinter der trapezförmigen Frontklappe abgestöpselt, eingerollt und im Kofferraum verstaut. Es kann losgehen. Nicht ganz: Das Bremspedal muss durchgedrückt sein, um zu signalisieren, dass mit Betätigen des Startknopfs der Wagen bewegt werden will.

Optische und akustische Signale heißen: "Habe verstanden." Mit dem ungewöhnlich geformten Schaltknauf ist noch die Fahrposition einzulegen: Zurück heißt nach vorn und umgekehrt. Los geht's. Lautlos setzt sich der Wagen in Bewegung, segelt ruhig durch den Feierabendverkehr. Zu hören sind nur die Dieselautos und Benziner vorne, hinten und daneben sowie das Abrollgeräusch der eigenen Reifen bei etwas höherer Geschwindigkeit.

Drehmoment von 0 weg

Dank einer Leistung von 80 kW, was 109 PS entspricht, und eines Drehmoments von 254 Nm, das schon bei der ersten Umdrehung voll zur Verfügung steht, ist der Nissan Leaf Tekna agil und antrittsschnell. Die Spitzigkeit verliert er allerdings im Eco-Modus, der dafür sorgt, dass der Motor nicht mehr Energie bekommt, als er braucht, um das Tempo zu halten. Man kann nicht alles haben.

Die Außenoptik ist etwas gewöhnungsbedürftig, will heißen, das Auto fällt auf. Die markanten LED-Scheinwerfer sind auf pausbäckigen Kotflügeln angebracht und rahmen die Frontabdeckung wie zwei überdimensionierte Swarovski-Kristalle ein.

Eco-Modus bringt und nimmt

Der Innenraum erinnert an das Cockpit eines Raumgleiters. Das digitale Instrumentenbrett zeigt gut lesbar den Energieverbrauch, den Ladezustand und die verbleibende Reichweite an. Zurück in der Garage in Wien hängt der Leaf wieder gierig am Strom. Leaf heiß auf englisch "Blatt". Die Buchstaben können auch als "Leading, Environmentally Friendly, Affordable, Family Car" gelesen werden.

Nächster Tag, nächste Ausfahrt. Nun wollen wir testen, wie sich das Auto fährt, wenn man nicht nur gleitet. Eco Modus aus heißt gleich zwölf Kilometer Reichweite weniger. Macht nichts, das Display zeigt immer noch 128 km an. Nickelsdorf und zurück, das geht sich nicht aus. Nachladen auf dem Retourweg in Göttlesbrunn, wo bei der Raststation ein Schnelllader steht, sollte aber klappen.

Ladestation Göttlesbrunn

Die Wende in Nickelsdorf/Hegyeshalom endet zunächst im Stau. Seit Montag wirft die Polizei bei Einreisenden nach Österreich wieder Blicke ins Auto, was zu Schlangenbildungen führt. Dann geht es mit 130 wieder zurück über die A4. "Der Ladezustand der Batterie ist niedrig", meldet sich plötzlich die Stimme des Bordcomputers. "Weiß ich", denk ich.

Mit wenigen Tastengriffen erscheint am Display eine Liste der nächstgelegenen Ladestationen samt Info, welche frei sind. Göttlesbrunn ist zum Glück unbesetzt.

"Bleiben sie auf dieser Route", meldet sich die Stimme erneut. Aus zwei roten Strichen ist längst ein einsamer roter geworden – und der eine ist auch bald weg. Dafür meldet sich neuerlich die Stimme aus dem Off, ziemlich fordernd: "Wollen sie nicht eine Ladestation anfahren!?" Da ist sie schon, die Ladestation. Nach Einschnappen der Ladepistole zeigt das Display einen Ladestand von sechs Prozent. Bis der Akku wieder zu 100 Prozent voll wäre, würde es 43 Minuten dauern. Nach einer Tasse Kaffee und einem Brioche ist eine halbe Stunde fast um. Das Display im Auto zeigt 183 km an. Yeahhh!! (Günther Strobl, 1.5.2016)

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